Doppeldecker geschafft

Nachdem Ralf so ausführlich über die Heidi-Challenge berichtet hat, möchte ich noch mal meine Eindrücke von den letzten beiden Etappen wiedergeben.

Zusammenfassend kann ich feststellen, dass es genau die richtige Entscheidung war, lediglich die beiden letzten Etappen zu laufen und vor allem, dass ich auch die Übernachtung gebucht hatte. So hatte ich zumindest ein bischen Etappenlauf-Feeling. Ich traf auch einige bekannte Gesichter und fügte mich am Morgen der 4. Etappe im hinteren Feld ein und ließ Ralf sein Tempo laufen. Dennoch war das Tempo schneller als gewohnt und es war mir bewusst, dass ich am Ende der Strecke dafür wieder bezahlen würde. Aber es machte echt Spaß mit den gemächlichen Läufern zusammen in den Tag zu starten und sich zu unterhalten.

Mein Plan, Sari beim Frühstart zu begleiten, ging jedoch nicht in Erfüllung, da Sari klugerweise sich dafür entschied, ab der 3. Etappe von der Ultra- auf die Marathondistanz zu wechseln.

Besonders freute es mich, dass ich mit Thorsten nach langer Zeit wieder gemeinsam laufen konnte. Wir hatten 2015/2016 gemeinsam die Ausbildung zum Lauftherapeuten beim Deutschen Lauftherapiezentrum absolviert. Es gab viel zu erzählen und wir schwelgten in alten Erinnerungen und Anekdoten. Thorsten bildete mit Natlie ein Duo und wir liefen gemeinsam bis km 39. Dann kam, was ich vorausgesehen hatte und ich musste beide in Sichtweite ziehen lassen. Eine kurze Begegnung noch bei km 44 kurz vor dem Einstieg in den Königswald kurz nach Krampnitz und auf den Weg nach Sacrow und ich war alleine unterwegs. Zu meiner Überraschung führte dann der Weg nicht wie erwartet auf dem Mauerweg weiter und der Track führte mich auf einen Trailabschnitt entlang des Ufers. Da ich schon ziemlich erschöpft war, hatte ich einige Schwierigkeiten mit dem unebenen Gelände und schweifte zudem in Gedanken ab. Ein böser Fehler! Und es kam, wie es kommen musste: Bei km 47 erlitt ich durch meine Unachtsamkeit und Erschöpfung einen schweren Sturz. Nachdem ich mich einigermaßen berappelt hatte, konnte ich jedoch meinen Lauf vorerst bis zum nächsten VP bei km 51 fortsetzen, wo ich von Gunnar hervorragend betreut wurde. Nachdem wir festgestellt hatten, dass keine Nachwirkungen zu befürchten waren, setzte ich den Lauf fort.

Am letzten VP traf ich dann auch Sari, die dort Pause machte und wir liefen dann die letzten 7 km gemeinsam zusammen ins Ziel. Wir freuten uns beide sehr, dass wir damit doch noch eine Weile gemeinsam laufen konnten und hatten uns viel zu erzählen und ich kam nach 68 km in guter Gesellschaft ins Ziel.

Ich hatte mit Frank gemeinsam ein Zimmer und ich nahm mir vor, diese Nacht genau zu beobachten, ob sich vielleicht Symptome einer Gehirnerschütterung einstellen würden. Das war gottseidank nicht der Fall und ich machte mich wohlgemut am folgenden Tag auf den Weg zum Start. Es standen 57 km an und ich war guter Dinge. Auch diese Etappe führte uns vorwiegend an der Havel lang in den Berliner Norden und darüber hinaus. Natürlich am Anfang wieder zu schnell und am Ende sehr zäh. Ich glaube, dass ich das nie lernen werde …

Erschöpft und glücklich kam ich dann als letzter Finisher im Ziel an und hatte wenig Zeit mich zu erholen, da die Abschlussveranstaltung bereits anstand. Ich duschte schnell und kam gerade noch rechtzeitig dort an. Die Abschlusszeremonie war sehr gelungen und jede/r Einzelne wurde persönlich gewürdigt. Insbesondere die Helfer und Organisatoren, die einen wirklich tollen Job gemacht hatten.

Ich kann es nicht genug betonen, aber ohne diese engagierten Menschen und „Laufverrückten“ würde eine solche Veranstaltung nicht funktionieren. Es ist eine Mammutaufgabe und erfordert viel Hingabe und Leidenschaft. Es ist einfach grandios, dass es solche Menschen gibt, die uns ermöglichen, diese tollen Erfahrungen machen zu dürfen!

Fotograf: Ralf Methling

Heidi Tag 5: Finale

Am Morgen des fünften Tages fühlte es sich komisch an, gleichzeitig auch in den letzten Abschnitt zu starten. Mir kam es ein wenig so vor, als hätte ein lang vorbereitetes Abenteuer gerade erst begonnen. Die Gewohnheit des (Lauf-)Alltags war definitiv da und könnte, so schien es, eigentlich noch über diesen Tag hinaus gehen. Noch dazu standen heute ja vermeintlich „nur“ 57 km an, deutlich weniger als bei den bisherigen Etappen, um abends eine gemeinsame Feier zu gewährleisten.

Beim Start verpasste ich es erneut, mit David oder Franz zu laufen und blieb stattdessen in meiner gewohnten Blase. Ein Stück weit ging es auch wieder vorn mit Alexandra, doch wir blieben in einer kleinen Gruppe zusammen. Kein Interesse meinerseits heute an wilden, überfordernden Aktionen! Der Weg führte zunächst am westlichen Seeufer des oberen Havelsees entlang bis nach Hennigsdorf (nördlichster Punkt) und somit waren erneut einige Abschnitte des Mauerwegs dabei. Beim Ruderclub verließen wir diesen, um dem östlichen Seeufer weiter nach Süden zu folgen. Es war schönes Wetter und lange schattig und nicht zu warm. Fast auf Höhe Spandau ging es dann am Nordufer des Tegeler Sees weiter, wo die Strandbäder wieder deutlich leerer waren als am Vortag. In Tegel ging es über eine schöne Brücke über den Tegeler Fließ, dem wir noch weiter ostwärts folgten. An der Brücke waren bereits die Markierungen für den Rückweg erkennbar; heute gab es eine Schleife durch Tegel, bevor es am Seeufer zurück nach Spandau ging. Vom sehr schicken und modernen Wohngebiet am Tegeler Fließ (Nähe Humboldtmühle) ist das einzige Foto des Tages:

Es folgte ein kurzes Übergangsstück durch die Stadt, bis es durch ein Waldgebiet zur eigentlichen Wendestrecke ging. Entgegen der bisherigen Gewohnheiten wurde der Doppel-VP3+4 bereits einige Kilometer zuvor mit grüner Kreide auf der Straße angekündigt. An dieser Stelle war ich bereits angeschlagen von der bisherigen Strecke und der Wärme, hatte vermutlich nicht genug gegessen und getrunken und die Softflask wartete erst am VP. So frustrierte es mich etwas, bis zum unmittelbar erwarteten VP dann doch noch länger unterwegs zu sein als gedacht. Die Helfer dort standen zwar im Schatten, waren aber leider auch umschwirrt von vielen Mücken. Hoffentlich wirkte ihr Anti-Brumm gut genug! Wir Läufer konnten ja weiter.

„Zwischen“ dem Doppel-VP3+4 lag eine 8 km lange Runde, die als besondere Challenge in der Challenge diente: Wer rennt auf dieser Runde am deutlichsten schneller als seine Durchschnittsgeschwindigkeit der fünf Tage? Es gab extra einen jungen Helfer, der sorgfältig alle Läufer und ihre Zeiten beim Start auf die und beim Beenden der Runde sekundengenau notierte. Obwohl die meisten Läufer meinten, dass sie die Idee ganz nett fänden, aber normal weiter laufen würden (auch mangels Temporeserven wie bei mir?), schienen doch alle ein kleines bisschen flotter unterwegs zu sein. Es gab aber auch einige wenige Läufer, die sich gute Chancen ausrechneten und deutlich mehr bemüht waren, besonders gut zu performen. Der sonst eher in meinem Tempobereich jenseits von 8 min/km ansässige Thorsten schaffte die Runde in sehr beeindruckenden 40 min! Wir waren alle sehr überzeugt, das würde niemand mehr toppen, zumal es auch die bis dahin absolut schnellste Zeit war. Thorsten war stolz und glücklich, doch danach nicht mehr wirklich gut drauf, um die verbleibenden knapp 15 km bis zum Ziel locker durchzulaufen. Mit einer Mischung aus flottem Gehen und langsamem Laufen kamen wir langsam aber sicher voran. Weglaufen wollte ich da auch nicht und zog die Unterhaltung in der kleinen Gruppe vor. Ab und zu lief auch mal jemand vorbei, so auch Hervé in seinem gleichmäßigen, lockeren Tempo. Auf Nachfrage meinte er, dass er ebenfalls ein wenig auf diese Sonderwertung geschaut hätte. Wie sich dann herausstellte, war es nicht nur ein wenig: Er hatte sich zunächst am VP3 etwas erholt, getrunken und dann Laufweste und andere nicht dringend benötigte Sachen abgelegt, bevor er auf die Strecke ging. Nach 31 min (!) war er wieder zurück und hatte die 8 km inklusive roter Ampelphase in einem Schnitt von unter 4 min/km absolviert (3:54) – was für eine unglaubliche Leistung! Das war für mich persönlich die beeindruckendste Leistung der gesamten Challenge – gleichauf mit Nina, die auch die fünfte Etappe trotz Schmerzen und unrundem Lauf beendete. Alexandra wartete übrigens im Ziel auf sie, nachdem sie zuvor vier mal zusammen eingelaufen waren.

Unsere Reststrecke verringerte sich immer weiter, wir kamen nicht übermäßig schnell, aber stetig voran bis etwa zwei Kilometer vor dem Ziel. Dort sahen wir einen Mann mit Fahrrad, der offensichtlich große Probleme hatte. Er konnte sich kaum aufrecht halten, geschweige denn sein Rad die Schräge an einer Brücke hinauf schieben. Thorsten war gleich in seinem Modus als Rettungssanitäter, auch wenn ihn das letztlich über eine halbe Stunde zusätzlich kostete. Als der Krankenwagen gerufen war und nichts mehr so recht getan werden konnte, kamen David und Kay vorbei, mit denen ich dann bis ins Ziel lief. So konnte ich mich wenigstens mal mit David auf der Strecke unterhalten und nicht nur hinterher.

Im Zielbereich am Hotel saßen alle etwas länger als üblich, um die nachfolgenden Läufer zu begrüßen. So erwischte ich auch Franz‘ Zieleinlauf kurz nach unserem. Für alle Nicht-Hotelgäste gab es zwei Dusch-Zimmer, was einen sehr angenehmen Komfort darstellte. Ausgecheckt hatte ich bereits am Morgen. Die Siegerehrung am frühen Abend war eine sehr schöne Veranstaltung, auf der u.a. Kay sehr bewegende Worte zum Laufen in Berlin sagte. Vielen Dank! Leider musste ich nach dem Siegerfoto schnell weiter zu meiner Übernachtung bei meinem Bruder, da ich wegen anstehender Frühschicht dort möglichst nicht zu spät sein sollte. Noch etwas, was ich lernte bei diesem Etappenlauf: Die Nachfeier ohne Zeitdruck genießen! Das wird beim nächsten Mal bestimmt besser gelingen – und es wird mit recht hoher Wahrscheinlichkeit noch einen nächsten Etappenlauf für mich geben. Wie bereits angekündigt wurde, findet die nächste Heidi-Challenge voraussichtlich 2025 als Sommeredition statt. Eigentlich hatten wir bereits in diesem Jahr sehr sommerliche Verhältnisse, aber vielleicht ist es dann frühlingshafter oder herbstlich…

Den Bericht möchte ich nicht schließen, ohne wenigstens einmal danke zu sagen:
Danke, lieber Thomas, für die Idee Deinen Sportfreund genau so zu ehren – die wahrscheinlich beste Art, sich an einen Ultraläufer zu erinnern. Vielleicht war das gute Wetter der Tatsache zu verdanken, dass da oben jemand ganz genau zuschauen wollte….
Danke, liebe Martina, für die organisatorische Allroundbetreuung! Die läuferische und die organisatorische Erfahrung waren immer wieder zu spüren.
Danke, lieber Knut, Gunnar und all Ihr lieben Helfer, Fahrer, Einkäufer und Betreuer der Verpflegungsstände! Ohne Euch, die liebevoll zubereiteten Speisen und Getränke wäre diese erste Ausgabe der Heidi-Challenge nicht möglich gewesen!

Heidi Tag 4: Besser als erwartet

An den ersten Tagen habe ich es noch geschafft, abends ein kurzes Update zu schreiben, das dann später noch ergänzt und mit Fotos versehen wurde. Ab Etappe 4 gelang das leider nicht, und so folgen die beiden letzten Teile mit einigen Tagen Verspätung.

Die 4.Etappe war bereits im Vorfeld als eine besondere gekennzeichnet. Zum einen, weil am 1.Mai deutlich mehr Publikum unterwegs sein würde, weshalb die Berliner City-Tour auf den Vortag gelegt wurde. Zum anderen, weil am Feiertag und auch am nachfolgenden Donnerstag besonders viele Tagesläufer dabei sein würden, u.a. meine Lauffreunde Franz (Berlin) und David (Greifswald). Franz überraschte uns bereits am Montag, als wir in der Nähe seines Steglitzer Kleingartens (durch die Anlage) liefen und er mich ein Stück mit dem Fahrrad begleitete.

Vor der Etappe überlegte ich hin und her, inwiefern sich ein Teil zusammen mit zumindest einem der beiden laufen ließe. Sie wären ja frisch und ich selbst nach dreitägiger Vorbelastung deutlich angeschlagen und vermutlich zu langsam für die ganze Strecke. Zum Start am 1.Mai kam ich (mal wieder) sehr knapp, weil noch zu viele Kleinigkeiten in der kurzen Zeit nach dem recht gemächlichen Frühstück erledigt werden mussten: Zum Zimmer in den vierten Stock gehen, Zähne putzen, Toilettengang, Füße mit Antiblasen-Gel einreiben, nochmals Sonnencreme auftragen, Socken und Laufschuhe anziehen, Riegel zum Dropbag ergänzen, Treppe halb hinunter und wieder hinauf um die Brille im Zimmer zu lassen (beim Lauf genügte eine billige Plastikbrille in der Hosentasche, um bei Bedarf auf dem Handy den Track zu checken, die einmal bei unvorteilhaftem Hinsetzen ihre Gläser verlor), Dropbags in bereitstehenden Klappboxen deponieren und zum Start traben. So blieb gar keine Zeit, mit den anderen Vereinbarungen zu treffen oder Pläne zu machen. Mit gewisser Selbstverständlichkeit ordnete ich mich nach dem Start im Bereich der üblichen Verdächtigen ein, also denjenigen LäuferInnen, die zuletzt meist in ähnlichem Tempo unterwegs waren. Das war eher im vorderen Drittel unserer heute rund 15-20 LäuferInnen starken Gruppe der „Gemütlichläufer“. Franz und David blieben erst mal abwartend in der hinteren Hälfte – so hätte ich es als „Neueinsteiger“ vermutlich auch gehandhabt, um mir einen Überblick über das zu erwartende Tempo zu machen. Trotzdem erwartete ich ständig, dass sie bald aufschließen würden. Bereits während der ersten Kilometer zeigte sich, dass der Vormittag trotz wolkenfreien Himmels wohl recht erträglich sein würde, denn es ging zunächst auf der östlichen (Westberliner) Seite des Havelsees entlang nach Süden. Dadurch boten die Bäume fast permanent Schatten, der Wald war noch vor der Sonne. Hinzu kam ein ein sehr gut laufbarer Untergrund und eine noch moderate Frühtemperatur. Das Laufen machte so richtig Spaß! Nach und nach blieben von der Gruppe nur noch Kay und ich vorn bei Alexandra. Diese lief bisher stets mit Nina uns allen weit davon, doch Nina sah heute aufgrund von Beinproblemen (Knie?) schon beim Gehen etwas linkisch aus und musste erst einmal schauen, ob sie überhaupt noch laufen und wie sie zu einem Laufrhythmus kommen könnte (später holte sie uns alle ein und lief wie an den Vortagen zusammen mit Alexandra als Erste der langsamen Gruppe ins Ziel – eine ganz starke Leistung!). Bis zum ersten VP lief ich also mit Alexandra an der Spitze der Gruppe, was ein tolles Gefühl war. Natürlich war mit bewusst, dass das nicht mein normaler Leistungsbereich war und man für ein zu hohes Tempo früher oder später seinen Tribut zollen muss. Doch die schwere Berliner City-Etappe war geschafft, es stand nur noch eine etwas kürzere Folgeetappe an und so ließ ich es (mich) einfach laufen. Immer wieder gab es den bangen Blick auf das andere, sonnenbeschienene Seeufer, das am Nachmittag auf dem Rückweg zu absolvieren war. Bäume waren dort weniger zu sehen…

Der Wannsee mit dem Strandbad
Kirche im Schlosspark Sacrow aus der Ferne – vom östlichen Seeufer aus

Am ersten VP trafen in kurzer Folge einer nach dem anderen ein. Mein Aufenthalt war lang genug, dass Alexandra alleine weiterzog, doch es fand sich ein Tagesläufer (Sebastian?) als sehr nette Gesellschaft bis zum nächsten Zwischenstopp. Dieser Abschnitt bot mir bis dato unbekannte Anblicke des Strandbads Wannsee und des Schlosses und der Kirche Sacrow. Fähren über den See zeigten, dass man die Strecke auch schneller und mit viel geringerem Aufwand bewältigen kann, doch wir hatten unseren Spaß, nur eben anders irgendwie. Mittlerweile führt der Weg zum dritten Mal bei dieser Challenge über Glienicker Brücke und Schlosspark Cecilienhof. Der dritte VP lag nicht wie beim Mauerweglauf bei der Meierei, sondern kurz dahinter. Mit dabei mal wieder der omnipräsente Gunnar, heute schon zum dritten Mal an der Strecke. Dort ruhte ich mich erst einmal aus, während so einige Läufer eintrafen und weiterzogen, bis Gunnar mir einen Tritt in den Allerwertesten anbot (oder androhte). Er hatte natürlich recht, dass 20 min eigentlich eine viel zu lange Pausenzeit sind und der Kreislauf immer weiter herunterfährt, bis er gar nichts mehr leisten mag. Blöde Erfahrungen aus seinen zigtausenden Ultrakilometern, was soll ich da schon gegen einwenden, vor allem bei solch überzeugender Argumentationsweise? Also auf zu neuen Taten und herum um den See! Es stellte sich auch sogleich ein (Mauerweglauf-)Déjà-vu nach dem anderen ein: Die Brücke, der Abzweig, das Forsthaus Krampnitz mit dem Reiterhof, der steile Anstieg auf dem Trampelpfad, die Straße durch den Wald, der Single Trail durch die Wildnis mit querliegenden Bäumen… Moment mal, wie war das? Das kenne ich doch so gar nicht, hier können doch unmöglich im August tausend Läufer durch, noch dazu mit Fahrradbegleitung! Nun war ich doch etwas verunsichert. Zwar hatte Thomas etwas erzählt von einem Weg etwas näher an irgendetwas – dem Ufer, der Natur? – doch ist das wirklich noch alles richtig? Erst einmal ein paar Fotos gemacht als Dokumentation vermeintlichen Verlaufens in der Wildnis, dann bei der nächsten Gelegenheit nach links geschwenkt (leicht weg vom Seeufer) und schon war er wieder da, der deutlich breitere und klar ausgeschilderte Mauerweg. Abends bestätigten andere Läufer, dass ihnen der Abschnitt auf den Fotos bekannt vorkam – aber auch nicht alle…

Single Trails vor Schloss Sacrow …
… mit diversen …
… Hindernissen
Die Sacrower Kirche aus unmittelbarer Nähe
Das Ende des Sees und auch der Etappe rückt in Sichtweite

Wie erwartet zog sich der Weg zum Sacrower Schloss ganz schön hin, schließlich kamen der Park mit viel Sonne, die Kirche (endlich mal von innen gesehen, was sehr lohnte, aber nicht die Fotos von der zu Mauerzeiten komplett eingemauerten Kirche gefunden, was dank Internet nachgeholt wurde) und die Fähre am Parkausgang. Nun wurde es zum Glück wieder schattiger und auch die wichtigste Frage ließ sich klären: Eine Touristin(oder Helferin?) sagte mir, dass sich der VP am Ortsausgang befände, 1-2 km wären das noch. Damit ließ sich gut leben. Vom darauf folgenden Abschnitt (immerhin rund 14 km) sind nur wenige Erinnerungen geblieben, so ein schöner Blick auf das Strandbad Wannsee am gegenüberliegenden Ufer, ein längerer Straßenabschnitt und dass der mitgeführte halbe Liter Wasser gerade alle war, als nach einer Kurve überraschend VP5 auftauchte. Auch an die freundlichen Worte der beiden BetreuerInnen an diesem VP erinnere ich mich. Die letzten gut 10 km der Etappe waren nicht gerade leicht, doch mit dem wunderbaren Gefühl, es bald und deutlich besser als erwartet zu schaffen, waren sie bald bewältigt: Das Ende des breiten Sees war schnell abzusehen, dann folgten schon der Industriehafen auf der anderen Seite und die Brücken in Spandau, die sich am Montag noch sooo lang dahin zogen. Nun wusste ich, was mich erwartet, und es machte mich zuversichtlicher. Beim Zieleinlauf war ich von einer Menge Glückshormonen wie berauscht und musste erst einmal eine (sehr kleine) Extrarunde auslaufen, so gut ging es!

Heidi Tag 3: Heiß, heißer, Berlin!

In Billy Wilders Berlin-Klassiker „Eins, zwei, drei“ von 1961 antwortet die Südstatten-Teenagerin Scarlett auf die Frage, warum sie sich denn bei Ihrer Reise von einer zur nächsten europäischen Metropole ausgerechnet für diese (halbe) Stadt entschieden hätte: Sie habe gehört, Berlin sei gerade das heißeste Pflaster. So ähnlich konnten wir uns heute auch fühlen bei wolkenfreiem Himmel, offiziell 28°C Höchsttemperatur und sehr vielen Abschnitten in der Sonne. Es war eindeutig der bisher härteste Tag.

Die Waden werden fester, die Blasen an den Zehen rechts sind noch nicht schlimm, das rechte Schienbein meldet sich vorsichtig an: Noch alles okay, doch es kann bekanntlich schnell gehen bis ein kritisches Level erreicht wird. Die Erschöpfung ist noch kein Problem. Natürlich bin ich alles andere als frisch, deutlich angezählt, doch das ist halt Etappenlauf und es gibt noch Temporeserven (langsameres Laufen und späteres Abendessen, denn einen Cutoff gibt es bei der Heidi nicht!), die auch eine deutlich geringere Belastung ermöglichen würden. Der Gehanteil hat täglich zugenommen, aber selbst heute bei Hitze und Stadt waren es in der Summe wohl „nur“ wenige Kilometer. Die längsten Abschnitte waren eher so 200 m; dazu kommen die letzten knapp zwei Kilometer in Fünfergruppe, als keiner mehr den anderen weglaufen wollte.

Auch heute führte die Strecke zum sehr überwiegenden Teil an den Berliner Wasserwegen entlang, insbesondere an Spree und Landwehrkanal, hinzu kamen einige Verbindungskanäle. Doch trotz vieler schattiger Abschnitte und Abkühlung an flachen Ufern sowie einzelnen Brunnen und Toiletten (Mütze, Kopf) war es nur schwer erträglich. Es ist das erste Mal in diesem Jahr, das ich solche heißen Tage erlebe. Meine Strategie der 0.5l-Softflask ab der Rennhälfte kam eindeutig an ihre Grenze, sehr milde ausgedrückt.

Pinkelpause!

In der Großstadt ist es nicht ganz so einfach, schnell eine Stelle für gewisse Bedürfnisse zu finden. Deshalb gab es beim Briefing den Hinweis, dass man dazu bei km 12-15 vorerst die letzte Gelegenheit hat. Dies wurde auch noch mal auf dem Pflaster festgehalten, siehe Foto. Eine solche Aufforderung hatte ich bei einem Lauf wirklich noch nie gelesen!
Übermäßig lang war diese Passage mangelnder Möglichkeiten allerdings nicht: Im Treptower Park gab es Gelegenheit, beispielsweise im Ausflugslokal „Zenner“ – auch zur Erfrischung.

Die Strecke bot einige touristische Highlights. Zunächst waren Bereiche der Siemensstadt zu sehen, dann ging es am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal entlang zwischen Volkspark Jungfernheide und Flughafen Tegel (beides kaum wahrgenommen), ab Seestraße / Westhafen ein Stück parallel zum (Westhafen-)Kanal links und zur Autobahn 100 rechts, schließlich erreichten wir über einen weiteren (Charlottenburger Verbindungs-)Kanal die Spree und dieser gen Osten folgend sahen bald Goldelse und Schloss Bellevue auf der anderen Flussseite. Beim Bundeskanzleramt hatte ich etwas im Schuh und dachte gerade, dass hier eine Bank sehr nett wäre, als diese auch schon auftauchte. Zu den beiden Damen, die bereits darauf saßen, konnte ich zum Glück genug Abstand halten, um keine Anzeige wegen (Geruchs-) Belästigung zu riskieren, denn es war eine Doppelbank.

Der war echt!
Bundeskanzleramt von der Spreeseite – die Bank folgt hinter der Brücke

Am Hauptbahnhof gab es eine Diskussion um Schönheit und Zweckmäßigkeit dieses Bauwerks. Gleich im Anschluss machten Volker und ich einen kleinen Umweg, da er die aktuelle Gestaltung des Regierungsviertels ansehen und ich ihn begleiten wollte. Nach der Vorderansicht von Bundeskanzleramt und Reichstag wollten wir durch das Brandenburger Tor laufen und gerieten mitten in die Touristen. Ein Bauarbeiter brüllte mich an, weil er einen Lkw nahe dem Tor einparken wollte und wir im Weg waren. Er hatte da ein paar Hütchen aufgestellt und meinte, die müssten doch beachtet werden mitten im Gewusel. Berliner Freundlichkeit, bekannt und gefürchtet.

Hinter dem Plänterwald folgte die Strecke dem Britzer Verbindungskanal, der von der Spree Richtung West abzweigt. Der westliche Teil des Kanals war Teil der Grenze zwischen Ost- und Westberlin und liegt demzufolge am Mauerweg; wir bogen jedoch unmittelbar vor diesem Abschnitt auf den Mauerweg ein und folgten diesem nach Norden. Für mich bot das eine schöne Erinnerung an den VP Dammweg bei 146 km, den ich 2022 mit einigen Mitstreitern betreiben durfte und im August hoffentlich vor vier Uhr morgens passieren werde. Selbstverständlich hatte ich auch heute mein Volunteer-Shirt an und machte ein Foto dieses eigentlich unscheinbaren Ortes:

Kay und Volker am VP Dammweg des Mauerweglaufs

Dem Mauerweg folgten wir entlang dem Bach und der Kleingartenanlage bis kurz vor der Autobahn-Baustelle, die wir im Gegensatz zum östlich verlaufenden Mauerweg westlich passierten, um am Neuköllner Schifffahrtskanal entlang zum Landwehrkanal zu gelangen. Auf der einen Seite Neukölln und auf der anderen Kreuzberg, waren hier am frühen Dienstagnachmittag vor dem Maifeiertag und bei bestem Wetter sehr viele Menschen unterwegs. Ständig auszuweichen und Wege um die Spaziergänger, Läufer, Radfahrer und einfach nur Herumstehende sowie zwischen ihnen hindurch zu suchen, während diese sich ebenso unvorhersehbar bewegen wie man selbst, war nach kurzer Zeit sehr anstrengend. Hinzu kam, dass mich gerade auf diesem Stück mein hier ansässiger Schulfreund ein paar Kilometer mit dem Rad begleitete und wir eigentlich gern etwas entspannt gequatscht hätten. Trotzdem: Vielen Dank für die Unterstützung auf diesem schwierigsten Abschnitt des Laufs, lieber Thomas!

Ab dem Halleschen Tor sah man den Landwehrkanal kam noch, dafür aber die alte Hochbahnstrecke der Berliner U-Bahn, die im Musical „Linie 1“ ein Denkmal bekommen hat. Durch die vielen Kreuzungen wurde der Lauf zum Stop-and-Run. Hier muss man sich entscheiden, wie eilig und voraussehend man auf die jeweils nächste Ampel zu läuft: Entweder wählt man die entspannte Variante, läuft normal weiter und lässt sich überraschen. Oder man läuft möglichst zügig auf sie zu in der Hoffnung, vielleicht gerade noch eine Grünphase zu erwischen. Beim ersten Anblick der Kreuzung kommt dann die Entscheidung, ob noch ein „Sprint“ lohnt oder bereits der Wechsel zum gemütlichen Gehen indiziert ist. In Kombination mit großzügiger Interpretation der Ampelfarbe lässt sich so die eine oder andere Ampelphase „sparen“ – allerdings ist das auch deutlich anstrengender.

Der Rückweg war definitiv der härtere Teil dieses ohnehin schweren Tages, auch wegen der Temperaturen und der knallenden Sonne. Er bot aber auch noch Passagen des Tiergartens und des Charlottenburger Schlosses an. Eigentlich führte unser Track dort zwar am Landwehrkanal vorbei, doch Volker, Kay und ich entschlossen uns, mal das Schloss von vorn anzusehen und danach, den Weg durch den Schlosspark zu nehmen. Wir erhielten dafür ein schönes Fotomotiv, eine kurze Schlosspassage beim Souvenirshop und einen besonders schönen Umweg von knapp einem Kilometer.

Der restliche „Heimweg“ schien gar kein Ende nehmen zu wollen. Es zog und zog sich entlang des Kanals hin. Irgendwann haben wir uns auseinander sortiert, Kay ging mehr, Volker und ich liefen noch ein Stück. Zur Motivation meinte ich irgendwann, bis zu einer mehrere hundert Meter entfernten Biegung zu laufen, bis wir wieder eine Gehpause machen. Volker sagte nichts, lief aber dann stur weiter. Entweder hat er das nicht mitbekommen oder nicht verarbeitet. Er lief einfach immer weiter und hörte bis ins Ziel nicht mehr auf. Ich lief auf die nächste Gruppe auf und ging mit diesen bis zum Ziel, auch Kay schloss bald auf. Wir waren über 20 min nach Volker im Ziel und hatten erst mal genug von der Stadt.

Für heute war es das erst einmal. Der Bericht war nur in kurzer Form nach dem Abendbrot möglich, vorher war die Erholung kurz und dringend benötigt. Als Nächstes schaue ich mir die Wettervorhersage für morgen an, wenn es um die Havelseen und lange in waldiger Umgebung gehen soll.

Heidi Tag 2: Überall nur Bekloppte

Das war ein Kommentar eines Typen, an dem wir kurz vor dem Ziel vorbei liefen. Verrückt kam ich mir da auch vor, aber eher nicht „im positiven Sinne“ (was auch immer das sein soll). Der Montag war besonders am Anfang sehr entspannt. Ein Foto von der typischen Hektik am Start ist beigefügt. Die Straßen waren sehr voll von Autos, doch flanierende Spaziergänger standen nicht im Weg. Ein Schulkind lief mit seinem Ranzen eilig, als würde es uns zum Wettkampf herausfordern, doch vermutlich war es einfach nur spät dran. Es ging in Potsdam durch das Holländische Viertel, das ich mal in der Jugend angesehen hatte. Leider waren die Erinnerungen auf den (ungefähren) Namen beschränkt, so dass kein Vergleich mit den späten 80ern / Anfang 90ern möglich war. Jetzt ist es ein Hingucker und vermutlich ein großer Potsdamer Touristenmagnet. Morgens kurz vor acht war davon allerdings noch nichts zu spüren.

Drei Minuten bis zum Start: Es wird immer hektischer im Gerangel um die beste Ausgangsposition. Das Banner für Start+Ziel ist halblinks an den Standfüßen zu erkennen, die Treppe ging es 2x beim Start hinunter und 1x beim Zieleinlauf hinauf

Der Vormittag brachte einige Wolken, die Strecke recht viel Wald und die Höchsttemperatur von angesagten 21°C war doch sehr viel angenehmer laufbar als noch am Vortag. Am Havelsee angekommen ging es ein Stück auf dem fast allen Läufern aus eigener Erfahrung bekannten Mauerweg entlang. Nach erneuter Passage der Glienicker Brücke bogen wir nicht wie gestern Richtung Schlosspark Babelsberg/Potsdam ab, sondern liefen in nordöstlicher Richtung am Teltowkanal entlang. Das war sehr angenehm zu laufen, insbesondere ruhig und kühl. Als ich gerade dachte, dass es schon speziell ist, dort auch zu zelten, aber sicher schön für angelnde Camping-Freunde, fing das Rauschen der querenden Autobahn an. Die nächsten Dörfer Kleinmachnow und Stahnsdorf sind ebenfalls mit eher positiven Jugenderinnerungen verbunden, was diesen Abschnitt für mich besonders attraktiv machte. Den Teil bei Teltow, an dem der Mauerweglauf am gleichnamigen Kanal entlang führt, liefen wir zur Abwechslung auf der Nordseite, auch um später Richtung Schöneberg abzubiegen.

Idylle am Teltow-Kanal
Über diese Brücke sollst Du gehn

Es folgte ein längerer Bereich zunächst nach Westen durch sehr städtisches Gebiet mit mehreren Autobahnquerungen bis zum Grunewald. Im Grunewald ging es fast zurück nach Südwesten und an vielen schönen, kleinen Seen vorbei (Grunewaldsee, Krumme Lanke, Schlachtensee). Das gab immer wieder Gelegenheit, Basecap und Kopf zu wässern und kühlen. Badende und (freilaufende) Hunde waren reichlich vorhanden. Die allermeisten Läufer tragen auch bei der Heidi-Challenge Laufwesten oder -rucksäcke und damit einen wertvollen Vorrat an Getränken, Essen und auch Wechselsachen. Darauf verzichte ich hier lieber wegen der kurzen VP-Abstände zwischen 7 und 15 km, was den enormen Vorteil hat, leichter und mit etwas weniger Stauwärme am Rücken unterwegs zu sein. In der (nach-)mittäglichen Wärme geht das nicht mehr, darum deponiere ich in den Dropbags an VP 3-5 ein paar Riegel sowie eine Trinkflasche, die dann in der Hand gehalten werden muss bzw. in die Hosentasche passt, wenn sie leer ist. Der halbe Liter Reserve war anfangs reichlich, am Ende sehr knapp.

Die erste größere Herausforderung des Tages war ein 5-6 km langer schnurgerade Weg im Grunewald, mit kleineren Bodenwellen. Das gab Grund für „natürliche“ Pausen an den Anstiegen. Mein Glück waren zwei Läufer, die irgendwann in Sichtweite auftauchten. Stetiges Verkürzen des Abstands gab viel Motivation zu langen Laufpassagen – ein prima Training für den Mauerweglauf, denn dort gibt es die ähnlich lange Königsallee, die aus meiner Sicht eine der mentalen Herausforderungen darstellt. Nachdem wir diese hier zu dritt gemeistert hatten, ging es zu einer kleinen Sandkuhle mit Gewässer hinunter. Der Weg führte in langem Bogen am Waldrand an zwei sich sonnenden Pärchen vorbei. Aber es gab da noch einen weiteren Weg zwischen ihnen, der auch ganz nett aussah. Kay und ich entschieden uns für diesen und standen nach ein paar (hundert) Meter ratlos außerhalb des Tracks. Den fanden wir auch wieder, wir mussten nur den Anstieg hinauf und sahen eine abbiegende Wegmarkierung. Allerdings begann dort wieder die lange Gerade – wir hatten also eine schöne Schleife um die Sandgrube absolviert. Tanya, die gefühlt nur ein paar Meter hinter uns war, lief auf dem richtigen Track und bekam gar nicht mit, dass wir sie umrundeten wir ein Schäferhund die Herde. Angestachelt von unserem Missgeschick, war plötzlich alles ziemlich doof: Die erneut zu durchlaufende Kuhle war sandig und sonnig, der Anstieg irre steil, Tanya am kurz darauf folgenden VP längst schon weg und dann ging es auch noch steil auf den Teufelsberg – die zweite Sache, vor der ich bereits im Vorfeld Respekt hatte. Letztlich war der Anstieg schnell geschafft und es war beeindruckend zu sehen, welche Investitionen die Amerikaner im Kalten Krieg auf der höchsten Westberliner Erhebung getätigt haben, bevor auch sie vom Lauf der Geschichte überrascht wurden. Der Abstieg bot einen wunderbaren Weitblick, doch für uns war es einfach nur irre steil auf der Wiese, die im Winter als Rodelhang dient. Wir wollten nur noch ins Ziel. Letzteres sollte sich enorm hinziehen. Erst dauerte es lang und länger, in die Zivilisation zurück zu kommen. Als wir dann Häuser und Straßen kreuzten, folgte eine nach der andere, bis wir endlich die Heerstraße erreichten. Dann hatte ich mich komplett vertan in der Annahme, kurz hinter der Brücke in Spandau und Hotelnähe zu sein. Immer noch war Kilometer auf Kilometer zu absolvieren, nun am Havelkanal entlang, um einen Industriehafen herum und endlich über die Havel-Brücke. Die Sonne und Wasserknappheit halfen ebenso wenig wie die Tatsache, dass zu frühes Abbiegen die falsche Brücke und noch einen Umweg bedeutete. Es ging immer noch weiter und weiter. Am Ende sahen wir das Ziel erst 30 m vorher. Puh!

Zwischenpassage von S-Bahn-Ring und Autobahn
Rodelhang am Teufelsberg. Zu erahnen ist der südliche Havelsee von Etappe 4.

Heidi Tag 1: Havelseen umachtern

Anmeldung und Briefing am Samstag waren wie zu erwarten sehr entspannt, auch wenn ich leider ein paar Minuten zu spät kam. Der Organisator Thomas Steinicke gab eine sehr schöne Erläuterung des Namens und erinnerte an in vielen Anekdoten an seinen Freund Michael „Heidi“ Wichmann. Genau so hätte ich mir das gewünscht. Das mündete in dem bewegenden Moment, in dem er Heidis Frau als eine der Edelhelfer dieser Veranstaltung vorstellte.
Die Regeln des Laufs waren im Grunde schnell erzählt, da fast alles aus Ausschreibung und anderen Veranstaltungen bekannt war oder sich aus dem gesunden Menschenverstand ergibt. Wieviel davon am Ende noch übrig bleibt, dafür ist UltraläuferIn in erster Linie selbst verantwortlich. Wir lernten dabei auch Martina Ramthun kennen, die als „Mädchen für alles“ einen großen Teil der technischen Organisation abwickelte und sich um so viele Details und alle läuferischen Bedürfnisse kümmerte, dass sie mindestens drei Jobs parallel erledigte. Als sie am Mittwoch auch noch den Marathon mitlief, war wohl das Maximum erreicht, was mensch schaffen kann. Aber ich bin halt nur ein Mann und verstehe das wohl nicht.
Der rund einen Kilometer lange Fußweg zum Abendessen war schnell absolviert, heute (gleich) könnte das etwas anders aussehen – es geht wieder zum gleichen Ort. Das Essen war so gut und lecker wie erwartet, zumal es ein „Tischbuffet“ gab, also diverse Gerichte auf den Tisch, die dann nachgefüllt wurden. Heute ist Einzelbestellung angesagt, doch das wird auch gut bei der hohen Qualität.

Von einigen Frühstartern abgesehen starteten fast alle um 8 Uhr, die 9-Uhr-Option wurde heute nicht benötigt. Der Weg führte immer am Wasser der Havelseen entlang. Zumeist waren es Wald- oder asphaltierte Radwege, die später recht belebt wurden und ein regelmäßiges Ausweichen erforderlich machten, ohne dass es zu Problemen kam. Nach einer Handvoll Kilometern überquerten wir eine Einbahnbrücke und liefen auf der anderen Uferseite weiter, hatten den See also links statt zuvor rechts. Nach rund 25 km endete war so etwas wie ein Wendepunkt am „Ende des Sees“ und wir liefen zurück bzw. weiter mit dem See links bis zur Eisenbahnbrücke, an der erneut die Seeseite gewechselt wurde. Nach etwas über 50 km hatten wir den Ausgangspunkt fast erreicht und konnten unser Hotel sehen. Außerdem ging es am Restaurant vorbei – doch es wartete noch eine kleine Runde im Norden auf uns. Das war von der Motivation her so mäßig prickelnd, die nachfolgende Strecke dafür äußerst lohnend: Über die Glienicker Brücke ging es auf dem Mauerweg nach Berlin(-Zehlendorf) hinein und dann weiter über die nächste Brücke nach Potsdam(-Babelsberg), wo es im Park steil aufwärts zu einer traumhaften Aussicht ging (Bilder folgen demnächst, sorry). Ein Fotostopp folgte auf den nächsten und plötzlich waren die letzten drei Kilometer erreicht. Thomas kam uns dort schon auf dem Fahrrad entgegen und nach Unterquerung einiger Brücke war das Hotel erreicht. Allerdings – unten: Es waren vielleicht noch so 40 Stufen zu laufen(so haben wir das tatsächlich hier mal gemacht!) und dann wartete das Ziel auf uns.

Wenn ich so im Plural schreibe, liegt das daran, dass ich die meiste Zeit in kleinen Gruppen lief. Ganz am Ende gestartet, war das im ersten Teilstück eher so im mittleren bis hinteren Teil. Am ersten VP nach 12 km (Foto) nahm ich mir deutlich mehr Zeit als meine Mitstreiter und wurde durchgereicht. Dafür gab es Sonnenschutzspray von Gunnar, der hier und heute als einer der Betreuer anVP1 und 3 fungierte. Wohl in morgentlicher Aufregung hatte ich nämlich das Eincremen vergessen – trotz 2x Sonnencreme im Gepäck! Auch am zweiten VP brauchte ich etwas länger, so dass ich erstmal ein Stück allein lief. Das ging aber auch wunderbar, denn es war nach wie vor zumeist schattig und mit dem See an der (linken) Seite. Nachdem ich dann auf Hervè traf, liefen wir zusammen weiter bis zum Ende. Er ist hier fast mehr zu Hause als ich, denn er hat bereits sechs mal den Mauerweglauf absolviert und will in diesem Jahr aussetzen, um die Schweizer Heimat am Stück zu durchlaufen… Wir hatten selbstverständlich reichlich Gesprächsstoff und sahen an den VPs immer mal wieder die letzten vor uns. Aber erst auf den letzten 8-9 km nach VP5 erreichten wir sie auch. Von nun war die Dramatik kaum zu überbieten, denn wie ein Schneeball rollten wir gefühlt das halbe Feld auf und kamen letztlich in großer Gruppe ins Ziel, praktisch alle zur gleichen Zeit!

Die Erholungsphase mit Wasser, Softdrinks, Eiweißdrink, Keksen, Dusche, Eincremen und Hochlagern der Beine und ein wenig Ruhe wurde im Schnelldurchlauf absolviert, um diese Zeilen zu schreiben. Nun geht es zum Abendessen – in drei Minuten ist Treff und dazu sollte ich noch in die Hose und Sandalen kommen. Guten Appetit!

Der erste von insgesamt 25 Verpflegungspunkten
Bestes Ausflugswetter!
Immer wieder schöne Ausblicke

Das Dixi wackelte wie bei einer Schiffsreise
Neben der üblichen Verpflegung gab es auch Laufschuhe in Keksform oder umgekehrt
Der erste schöne Blick auf die Glienicker Brücke – diese haben wir heute zum ersten Mal passiert, doch so einige Male folgen noch.
Für viele gibt das auch einen Vorgeschmack auf den Mauerweglauf im August, der ebenfalls über die durch den Agentenaustausch und den markanten Anblick bekannte Brücke führt.
Anstieg zum Schlosspark Babelsberg
Die Gruppe wird langsam größer