An den ersten Tagen habe ich es noch geschafft, abends ein kurzes Update zu schreiben, das dann später noch ergänzt und mit Fotos versehen wurde. Ab Etappe 4 gelang das leider nicht, und so folgen die beiden letzten Teile mit einigen Tagen Verspätung.
Die 4.Etappe war bereits im Vorfeld als eine besondere gekennzeichnet. Zum einen, weil am 1.Mai deutlich mehr Publikum unterwegs sein würde, weshalb die Berliner City-Tour auf den Vortag gelegt wurde. Zum anderen, weil am Feiertag und auch am nachfolgenden Donnerstag besonders viele Tagesläufer dabei sein würden, u.a. meine Lauffreunde Franz (Berlin) und David (Greifswald). Franz überraschte uns bereits am Montag, als wir in der Nähe seines Steglitzer Kleingartens (durch die Anlage) liefen und er mich ein Stück mit dem Fahrrad begleitete.
Vor der Etappe überlegte ich hin und her, inwiefern sich ein Teil zusammen mit zumindest einem der beiden laufen ließe. Sie wären ja frisch und ich selbst nach dreitägiger Vorbelastung deutlich angeschlagen und vermutlich zu langsam für die ganze Strecke. Zum Start am 1.Mai kam ich (mal wieder) sehr knapp, weil noch zu viele Kleinigkeiten in der kurzen Zeit nach dem recht gemächlichen Frühstück erledigt werden mussten: Zum Zimmer in den vierten Stock gehen, Zähne putzen, Toilettengang, Füße mit Antiblasen-Gel einreiben, nochmals Sonnencreme auftragen, Socken und Laufschuhe anziehen, Riegel zum Dropbag ergänzen, Treppe halb hinunter und wieder hinauf um die Brille im Zimmer zu lassen (beim Lauf genügte eine billige Plastikbrille in der Hosentasche, um bei Bedarf auf dem Handy den Track zu checken, die einmal bei unvorteilhaftem Hinsetzen ihre Gläser verlor), Dropbags in bereitstehenden Klappboxen deponieren und zum Start traben. So blieb gar keine Zeit, mit den anderen Vereinbarungen zu treffen oder Pläne zu machen. Mit gewisser Selbstverständlichkeit ordnete ich mich nach dem Start im Bereich der üblichen Verdächtigen ein, also denjenigen LäuferInnen, die zuletzt meist in ähnlichem Tempo unterwegs waren. Das war eher im vorderen Drittel unserer heute rund 15-20 LäuferInnen starken Gruppe der „Gemütlichläufer“. Franz und David blieben erst mal abwartend in der hinteren Hälfte – so hätte ich es als „Neueinsteiger“ vermutlich auch gehandhabt, um mir einen Überblick über das zu erwartende Tempo zu machen. Trotzdem erwartete ich ständig, dass sie bald aufschließen würden. Bereits während der ersten Kilometer zeigte sich, dass der Vormittag trotz wolkenfreien Himmels wohl recht erträglich sein würde, denn es ging zunächst auf der östlichen (Westberliner) Seite des Havelsees entlang nach Süden. Dadurch boten die Bäume fast permanent Schatten, der Wald war noch vor der Sonne. Hinzu kam ein ein sehr gut laufbarer Untergrund und eine noch moderate Frühtemperatur. Das Laufen machte so richtig Spaß! Nach und nach blieben von der Gruppe nur noch Kay und ich vorn bei Alexandra. Diese lief bisher stets mit Nina uns allen weit davon, doch Nina sah heute aufgrund von Beinproblemen (Knie?) schon beim Gehen etwas linkisch aus und musste erst einmal schauen, ob sie überhaupt noch laufen und wie sie zu einem Laufrhythmus kommen könnte (später holte sie uns alle ein und lief wie an den Vortagen zusammen mit Alexandra als Erste der langsamen Gruppe ins Ziel – eine ganz starke Leistung!). Bis zum ersten VP lief ich also mit Alexandra an der Spitze der Gruppe, was ein tolles Gefühl war. Natürlich war mit bewusst, dass das nicht mein normaler Leistungsbereich war und man für ein zu hohes Tempo früher oder später seinen Tribut zollen muss. Doch die schwere Berliner City-Etappe war geschafft, es stand nur noch eine etwas kürzere Folgeetappe an und so ließ ich es (mich) einfach laufen. Immer wieder gab es den bangen Blick auf das andere, sonnenbeschienene Seeufer, das am Nachmittag auf dem Rückweg zu absolvieren war. Bäume waren dort weniger zu sehen…
Am ersten VP trafen in kurzer Folge einer nach dem anderen ein. Mein Aufenthalt war lang genug, dass Alexandra alleine weiterzog, doch es fand sich ein Tagesläufer (Sebastian?) als sehr nette Gesellschaft bis zum nächsten Zwischenstopp. Dieser Abschnitt bot mir bis dato unbekannte Anblicke des Strandbads Wannsee und des Schlosses und der Kirche Sacrow. Fähren über den See zeigten, dass man die Strecke auch schneller und mit viel geringerem Aufwand bewältigen kann, doch wir hatten unseren Spaß, nur eben anders irgendwie. Mittlerweile führt der Weg zum dritten Mal bei dieser Challenge über Glienicker Brücke und Schlosspark Cecilienhof. Der dritte VP lag nicht wie beim Mauerweglauf bei der Meierei, sondern kurz dahinter. Mit dabei mal wieder der omnipräsente Gunnar, heute schon zum dritten Mal an der Strecke. Dort ruhte ich mich erst einmal aus, während so einige Läufer eintrafen und weiterzogen, bis Gunnar mir einen Tritt in den Allerwertesten anbot (oder androhte). Er hatte natürlich recht, dass 20 min eigentlich eine viel zu lange Pausenzeit sind und der Kreislauf immer weiter herunterfährt, bis er gar nichts mehr leisten mag. Blöde Erfahrungen aus seinen zigtausenden Ultrakilometern, was soll ich da schon gegen einwenden, vor allem bei solch überzeugender Argumentationsweise? Also auf zu neuen Taten und herum um den See! Es stellte sich auch sogleich ein (Mauerweglauf-)Déjà-vu nach dem anderen ein: Die Brücke, der Abzweig, das Forsthaus Krampnitz mit dem Reiterhof, der steile Anstieg auf dem Trampelpfad, die Straße durch den Wald, der Single Trail durch die Wildnis mit querliegenden Bäumen… Moment mal, wie war das? Das kenne ich doch so gar nicht, hier können doch unmöglich im August tausend Läufer durch, noch dazu mit Fahrradbegleitung! Nun war ich doch etwas verunsichert. Zwar hatte Thomas etwas erzählt von einem Weg etwas näher an irgendetwas – dem Ufer, der Natur? – doch ist das wirklich noch alles richtig? Erst einmal ein paar Fotos gemacht als Dokumentation vermeintlichen Verlaufens in der Wildnis, dann bei der nächsten Gelegenheit nach links geschwenkt (leicht weg vom Seeufer) und schon war er wieder da, der deutlich breitere und klar ausgeschilderte Mauerweg. Abends bestätigten andere Läufer, dass ihnen der Abschnitt auf den Fotos bekannt vorkam – aber auch nicht alle…
Wie erwartet zog sich der Weg zum Sacrower Schloss ganz schön hin, schließlich kamen der Park mit viel Sonne, die Kirche (endlich mal von innen gesehen, was sehr lohnte, aber nicht die Fotos von der zu Mauerzeiten komplett eingemauerten Kirche gefunden, was dank Internet nachgeholt wurde) und die Fähre am Parkausgang. Nun wurde es zum Glück wieder schattiger und auch die wichtigste Frage ließ sich klären: Eine Touristin(oder Helferin?) sagte mir, dass sich der VP am Ortsausgang befände, 1-2 km wären das noch. Damit ließ sich gut leben. Vom darauf folgenden Abschnitt (immerhin rund 14 km) sind nur wenige Erinnerungen geblieben, so ein schöner Blick auf das Strandbad Wannsee am gegenüberliegenden Ufer, ein längerer Straßenabschnitt und dass der mitgeführte halbe Liter Wasser gerade alle war, als nach einer Kurve überraschend VP5 auftauchte. Auch an die freundlichen Worte der beiden BetreuerInnen an diesem VP erinnere ich mich. Die letzten gut 10 km der Etappe waren nicht gerade leicht, doch mit dem wunderbaren Gefühl, es bald und deutlich besser als erwartet zu schaffen, waren sie bald bewältigt: Das Ende des breiten Sees war schnell abzusehen, dann folgten schon der Industriehafen auf der anderen Seite und die Brücken in Spandau, die sich am Montag noch sooo lang dahin zogen. Nun wusste ich, was mich erwartet, und es machte mich zuversichtlicher. Beim Zieleinlauf war ich von einer Menge Glückshormonen wie berauscht und musste erst einmal eine (sehr kleine) Extrarunde auslaufen, so gut ging es!