Deutschlands vielleicht längste Schleife: Der JUNUT

Lange Läufe gibt es viele in Deutschland, aber natürlich wird die Vielfalt mit zunehmender Streckenlänge geringer. Oberhalb der 120 km-Marke gibt es nach meinem Wissen aktuell eine Handvoll Hundertmeiler sowie einige wenige Landschaftsläufe wie den KoBoLT im Rheintal mit 140 km, den 200km-Lauf im Taubertal sowie zu Pfingsten entweder die TorTour de Ruhr mit 230 km (gerade Jahre) bzw. die Heidi 222 mit 222 km durch die Lüneburger Heide (ungerade Jahre) – und den JUNUT.
(Abgesehen von den 24/48h-Läufen und Etappenläufen natürlich!)

Dabei handelt es sich um einen trailigen Lauf auf dem „Qualitätswanderweg Jurasteig“ in der Oberpfalz. Dieser Wanderweg hat die Besonderheit, ein Rundweg zu sein. Normalerweise wird er in einer Reihe von Tagesetappen erwandert, beispielsweise einem guten Dutzend von etwa 20 km. Zusätzlich gibt es noch thematische Extra-Schlaufenwege, so dass zwei Wochen intensiver Wanderurlaub möglich sind. Die Gesamtlänge des Rundwegs ohne Schlaufen beträgt knapp 240 km. Genau das ist dann auch die Königsstrecke des Jurasteig Nonstop Ultratrails (JUNUT), der jedes Jahr Anfang / Mitte April in Dietfurt an der Altmühl gestartet wird. Die Altmühl ist der erste, aber längst nicht der einzige Fluß an dem entlang die Strecke führt. Bereits nach wenigen km verläuft parallel bzw. anstelle der Altmühl der MainDonau-Kanal, später folgen Donau, Naab, Vils, Lauterach sowie Schwarze und Weiße Laber. Dabei geht es immer wieder von einer zur anderen Flußseite sowie auf und ab zu wunderschönen Berghängen und Aussichten. Die Anstiege sind nicht übermäßig lang oder hoch -„nur“ 100 bis maximal 150 Höhenmeter- doch die Anzahl macht es! Wo sonst zu viele Jäger des Hasen Tod sind, zermübt hier das stetig wiederkehrende Auf und Ab, verbunden natürlich mit der Streckenlänge selbst.

Viel Auf und Ab summiert sich.

Es gibt drei Strecken zur Auswahl:

  • – die ganze Runde von 239 km mit 7500 Höhenmetern und 54 h Zeitlimit
  • – die mittlere Strecke von 170 km mit 5400 Höhenmetern und 39 h Zeitlimit
  • – die „Bambini“-Strecke von 104 km mit 3600 Höhenmetern und 23.5 h Zeitlimit.

Die meisten Läufer nutzen (faltbare) Stöcke, um an den Steigungen bessere Halt zu finden und Kräfte zu sparen. Das ist auch eine Frage der Technik und Übung, wieviel Erleichterung man erzielen kann. Auf flacheren Abschnitten muss das zusätzliche Gepäck in den Rucksack.

Am Main-Donau-Kanal
Nachfolgend: Aufstieg zum Schloß Prunn

Start ist am Freitag um 9 Uhr, 11 Uhr oder 15 Uhr nach freier Auswahl und bevorzugtem Lauftempo. Bei meiner Premiere vor zwei Jahren wollte ich ganz schlau sein und erst nachmittags anreisen, weil ich für meine 104 km erwartete, auch mit 17.5 h auszukommen. Das wäre vermutlich auch machbar gewesen, doch in der (kleineren) 15Uhr-Gruppe gab es keine Läufer meines Formats, die waren alle mindestens zwei Leistungsklassen besser und schneller. Um nicht nachts ganz allein im Wald zu sein, klemmte ich mich dann an die letzte Gruppe und lief ein für mich zerstörerisches Tempo auf den ersten 50 km. Die passenden Rahmenbedingungen gab es obendrauf: Starke Regenfälle, Gewitter und Blitze in ehrfurchtsgebietender Nähe, Sturm und Nachttemperaturen am Gefrierpunkt, wobei mir klar wurde, dass auch meine Ausrüstung nicht ganz optimal war. So kam es, dass ich das Rennen bereits nach 50 km beenden wollte. Kurz vor dem VP teilte ich den anderen meinen Entschluss mit und wir diskutierten hin und her, sie versuchten mich ob der noch ewig langen Zeit zu überzeugen, im Rennen zu bleiben. Ich weiß nicht, wie ich entschieden hätte, aber meine Rettung war der Abbruch der Veranstaltung durch die Rennleitung wegen der katastrophalen (und für manchen Starter sehr riskanten) Rahmenbedingungen. Trotzdem brannten mir danach eine ganze Nacht wie verrückt die Oberschenkel!

Die große Gruppe der 9Uhr-Starter am Marktplatz in Dietfurt.

Im letzten Jahr (2023) zog ich die Konsequenzen – und startete auf der 170er Strecke. Allerdings in der großen Gruppe um 9 Uhr und bei etwas besserem Wetter. Nach anderthalb Tagen war ich im Ziel, äußerst geschafft, aber „Stolz wie Bolle“, wie der Berliner zu sagen pflegt. In diesem Jahr war eine Wiederholung geplant, jedoch ob der anstehenden Pläne des Heidi-Etappenlaufs hoffentlich ohne totale Erschöpfung. Der 2024er Lauf lief dann auch recht gut und mein Fazit ist eigentlich auch positiv. Es war ganz gutes Wetter und hat mir echt Spaß gemacht.
Die Relativierung kommt „nur“ daher, dass ich in diesem Jahr den JUNUT 170 leider nicht beendet habe. Letztlich war es wohl wie immer eine Mischung mehrerer Faktoren, die sich negativ auswirkten. Bei einem Ultralauf ist es ja so, dass Probleme und Überraschungen dazugehören und früher oder später auftauchen. Bis zu einem gewissen Grad ist das vorher zu erwarten und kann gut kompensiert werden, aber irgendwann siegt es über den Willen.

Wenn der Socken aber nun ein Loch hat...

Wenn der Socken aber nun ein Loch hat…

Es ging schon damit los, dass ich blöderweise einen Socken mit Loch an der Fußsohle angezogen hatte. Beim Training merkt man das ja kaum, da lässt sich das kompensieren und selbst eine leicht gereizte Stelle wird schnell wieder ganz normal. Wenn allerdings ein Ultra über anderthalb Tage geplant ist, sollte man doch etwas mehr Verstand erwarten können, denn so etwas wächst sich unweigerlich aus! Jedenfalls war gleich nach dem Start spürbar, dass sich da etwas entwickeln wird. Nach nicht einmal zwei Kilometer suchte ich eine Bank und klebte ein Blasenpflaster drauf. Auf der mit Anti-Rutsch-Gel frisch eingeschmierten Fußsohle hielt das nicht wirklich, aber bis zum VP3 habe ich mich damit gut gefühlt und dort konnte ich die Socken wechseln bzw. dünne unterziehen. Kein ernsthaftes Problem soweit.

Mein Beitrag zum Caspar-David-Friedrich-Jahr 2024!
(Aussichten eines Greifswalders im Mittelgebirge)

Kritischer war vielleicht das Tempo, insbesondere auf abschüssigen Abschnitten. Es fühlte sich alles gut an, der erste Abschnitt war bis auf die Minute genau wie 2023 und auch der nächste nur wenige Minuten schneller absolviert, allerdings auch schon eine dreiviertel Stunde unter meinem groben Zeitplan.
Beim JUNUT sind die Abstände zwischen den VPs zumeist relativ lang, doch mit einer Laufweste kommt man ganz gut klar. Nur wenn es warm ist, wird es schwierig. Dieses Mal war es warm (21 Grad waren angesagt, gefühlt war es deutlich mehr und das noch ungewohnt in diesem Jahr) und sehr sonnig. Am Freitag hatte ich mich eingecremt, am Samstag hatte ich keine Sonnencreme und vergaß leider auch, an VPs danach zu fragen. Das war schon etwas anstrengend, vermutlich hatte ich einen leichten Sonnenstich. Die Strecke zwischen VP2 und 3 (50 bzw. 78 km) wurde recht lang, doch dank einer privaten Zusatzversorgung bekam ich einen Extraliter Wasser (wenn man fragt, sind fast alle Leute bereit zu helfen) und kam damit sehr gut über die Runden.

So war ich bereits nach 11:30 h (ohne Stirnlampennutzung!) beim berühmten VP 3 in Matting (Plan 13 h). Dort ist der VP im Feuerwehrhaus und die Feuerwehr hat sehr viele Mitglieder und Helfer – praktisch ist das ganze Dorf auf den Beinen! Am Eingang steht ein Pizza-Ofen, der im Dauerbetrieb läuft. Sobald man seine Startnummer verkündet, wird das Dropbag gesucht und gebracht und es geht hinein ins Haus. Es war eine Stunde Aufenthalt eingeplant. Obwohl ich mich von Tag- auf Nachtkleidung umgezogen, umfangreich gestärkt, das Telefon geladen, meine Vorräte aufgefüllt und auch einige Zeit auf der Bank liegend ausgeruht habe, war ich bereits nach einer dreiviertel Stunde voller Zuversicht wieder draußen. Dann ging es zur Donau-Fähre, die zur Nachtzeit natürlich nicht fährt und deshalb von der Feuerwehr mit einem Motorboot ersetzt wird (Sie startenab 21 Uhr und stellen dadurch einen zeitlichen Engpaß dar, ein weiterer Grund warum schnellere Läufer gern später starten). Auf der anderen Seite fanden sich schnell zwei Gefährten für den ersten Nachtabschnitt. Dank geliehener Stirnlampe konnte ich dieses Mal sehr viel mehr von den kleinen Reflektoraufklebern profitieren, die auf den Wegweisern angebracht wurden. Das ermöglicht, mehrere und teils hundert Meter entfernte Schilder im voraus zu erkennen und macht die nächtliche Orientierung viel einfacher, vielleicht sogar besser als am Tage. Genial! (Leider gibt es einen Förster, der in seinem -zum Glück kleinen- Zuständigkeitsbereich regelmäßig die Reflektoren abkratzt, weshalb einer der Helfer diesen Abschnitt jeweils kurz vor dem Lauf noch einmal neu beklebt. Nicht die einzige Anekdote mit Förstern: Dieses Mal wurde die Polizei gerufen, weil stirnlampenbewehrte Läufer bei der Wildschweinjagd stören und sich überhaupt selbst gefährden würden und deshalb nachts nix zu suchen hätten im Wald! Leider war der zuständige Polizeibeamte zunächst nur eingeschränkt erreichbar, da er als Helfer an einem VP stand…)

So langsam waren die bisherigen Belastungen zu spüren, insbesondere auf abschüssigem Geläuf stellten sich unangenehme Schmerzen oberhalb des Knies ein, das ist wohl der Ansatz des Quadrizeps und typisch für Läufer, die Bergabtraining und kompensierende Übungen vernachlässigen! Der VP 4 nach 88 km war relativ schnell erreicht und zügig absolviert, bis zum VP 5 bei 104 km, dem Ziel der kürzesten Strecke, nahmen die Probleme jedoch deutlich zu. Jeder Schritt bergab schmerzte, ich wurde müde und deprimiert ob der noch so langen Anstrengung und Strecke vor mir. Eine längere Pause war zwar nicht vorgesehen, jedoch dringend indiziert! Es wurden mit Ruhe auf einer Liege bestimmt anderthalb Stunden, doch sie taten sehr gut. Der VP-Betreuer, der sich dort sehr liebevoll um mich kümmerte, war sehr erstaunt, dass es dann doch noch weiter ging, aber es war ja noch nicht einmal hell draußen und auch noch reichlich Zeit und Weg zu gehen…
Der nachfolgende Abschnitt bis VP 6 bei 117 km war vergleichsweise kurz. Mit einer Mischung aus alten Problemen (Schmerzen) und frischem Elan ging es überraschend gut voran, insbesondere auf den letzten paar Kilometern, die leicht bergauf verliefen, was sich wunderbar und kraftvoll wandern ließ. Vielleicht war es ja einfach nur das erste Tief gewesen, aus dem es nun in den lichten Tag hinein geht!? Zumindest wollte ich das sehr gern glauben und machte mich mit viel Zuversicht auf den Weg zum nächsten VP 7 bei 138 km.

Dieser lange Abschnitt wurde für mich dann auch der letzte. Es kam alles zusammen und wurde mir irgendwann zu viel: erneute Sonne (ohne Sonnencreme), Wärme (mit Extrawässerung in diversen Dörfern), Verlaufen und Abkürzungen zurück durch Wald und Gebüsch, immerfort Anstiege und Gefälle und gefühlt eine Schleife nach der anderen anstelle des direkten Weges neben der Straße. Dazu kam das Wissen vom letzten Jahr, dass es auf den letzten beiden Abschnitten bei km170 genauso weiter gehen würde, allerdings eher mit höherem Anteil an sonnigen Abschnitten. Irgendwie wollte ich diese Quälerei nicht mehr, hatte viel Respekt vor dem Nachfolgenden und befürchtete, mich vollend abzuschießen. Was, wenn ich zwar ins Ziel käme, doch danach mehrere Wochen nicht in der Lage wäre zu laufen? Schließlich war es ein ganz wesentlicher Teil des JUNUT-Plans gewesen, möglichst schonend über die Strecke zu kommen.

So habe ich mir dann meine Aufgabe des JUNUT damit schöngeredet, dass ich ja mit 138 von 170 km einen großen Teil geschafft hätte und nun „verantwortungsvoll“ handeln würde. Es sind genau zwei Wochen Erholungszeit bis zum nächten Abschnitt meiner Vorbereitung auf den Mauerweglauf im August: Der HEIDI-Challenge, einem flachen Etappenlauf über 340 km in 5 Tagen (So 28.04.-Do 02.05.2024), entlang der Seen, Flüsse und Kanäle rund um Potsdam und Berlin. Sollte es gelingen, den ohne große Probleme durchzuziehen (nur kurze Wanderabschnitte), dann war es die richtige Entscheidung. Wenn auch das scheitert, werden die ganz erheblichen Zweifel kommen. Franz und ich werden davon berichten!

Kalt – Hart – Schön? Der Nachbericht

(Der Vorbericht findet sich hier)

Es ist halt wie es ist, so auch mit dem Werbeversprechen der Brocken-Challenge:

Kalt war es nun wirklich nicht. Beim Start morgens um 6 Uhr waren 10 Grad angekündigt und wohl auch vorhanden, später wurde es etwas kühler (=weniger warm) und am Brocken endete der Lauf in der Nähe des Gefrierpunkts. Aber für einen Lauf Mitte Februar auf den höchsten Berg Norddeutschlands mit ausgewiesen alpinem Klima, der in den vergangenen Jahren oft mit eisig-kaltem Wetter, Glatteis, meterhohem Schnee oder ähnlichen Wetterbedingungen für die größten Herausforderungen sorgte, glich das Ganze eher einem „Lauf in den Frühling“. Der leichte Westwind (eher im Rücken als im Gesicht) und wenige matschige Abschnitte änderten daran nicht viel. In vergangenen Jahren war auch das manchmal anders, da gab es teils Schlammbäder auf früheren Wanderwegen nach Einsätzen von „Harvestern“. Zwar hatte es im Vorfeld reichlich Regen gegeben, aber glücklicherweise waren die Wege nicht zerfurcht und meist gut laufbar. Nur ein matschig-schlammiger Anstieg über etwa einen Kilometer ist mir in Erinnerung geblieben.

Das sind perfekte Bedingungen für schnelle Zeiten und die gab es reichlich (Ergebnisse), unter anderem Streckenrekorde bei Männern und Frauen!

Schön ist vieles an der Landschaft! Es gab mehrfach schöne Aussichten bei teils hoher Sichtweite, auch wenn der Himmel zwischendurch immer wieder bewölkt war. Noch kurz unter dem Brocken gab es ungewöhnliche Blicke, oben war dann „natürlich“ Brockenwetter, also Nebel. Weniger schön hingegen ist, was man in der Nähe sieht: Totalschaden am Wald, wie es mittlerweile nicht nur vom Harz, sondern auch von anderen Mittelgebirgen bekannt ist (siehe Franz Bericht zur Deutschland-Querung 2022). Bilder davon zeigen unter anderem die Berichte anderer Läufer, die man auf der Homepage des Laufes findet. Lichtblicke geben jedoch nicht nur die fehlenden Baumkronen, sondern auch immer öfter Neubewuchs und Anpflanzungen. Ein Teil der Spendengelder geht an entsprechende Projekte.

Laufen mit dieser speziellen Ultra-Familie ist sowieso eine schöne Sache und die Erlebnisse sind auf jeden Fall da.

Hart kann jeder Lauf sein, wenn man das Tempo entsprechend gestaltet. Die vielen Bergpassagen bieten dazu reichlich Gelegenheit! Der (erste) Entsafter kurz nach Marathondistanz prägte mich am stärksten, da Axel, mein Begleiter über den ganzen Lauf, mich nach der kurzen und sehr steilen Gehpassage anspornte, diesen über fast 10 km gleichmäßig seichten Anstieg möglichst durchgängig zu laufen. Das klappte sogar weitgehend, aber danach war es erst einmal vorbei mit der Wohlfühlatmosphäre! Insgesamt hat die zweite Streckenhälfte viel mehr (positive) Höhenmeter, aber wir bewältigten sie in etwa der gleichen Zeit, ganz entgegen meinen ursprünglichen Plänen und Absichten. So kamen wir sogar noch im Hellen an und sahen auf dem Goetheweg die Brockenbahn passieren (siehe Beweisfoto). Natürlich war ich sehr geschafft, aber glücklich, endlich oben angekommen zu sein. Dusche (heiß und kurze Wartezeit!) und Essensbuffet (eher kein Hunger, nachdem ich am letzten VP das Kuchenbuffet geplündert habe) sowie ein schöner Holzaufsteller statt einer klassischen Medaille waren ein wohlverdienter Lohn für die Mühen. Insgesamt hatte ich das Gefühl, mich nicht komplett verausgabt zu haben, womit ich sehr zufrieden war. Der 7 km lange Abstieg wurde zu einer netten Nachtwanderung in einer Gruppe und nach moderater Wartezeit in der Hochmoorbaude bei Tee und Resten der Verpflegung kamen wir alle noch im ersten Bus nach Göttingen unter (21:30 Uhr, der zweite Bus fuhr erst 23 Uhr). Zugeben muss ich jedoch, dass ich mich zwar in den nächsten 2-3 Tagen gut und besser fühlte, obwohl sich noch eine Dienstreise anschloss, aber dafür nach 5 Tagen total fertig war und das Kreuz / die Hüfte Probleme bereitete. Keine gute Voraussetzung für die „Reise in den Süden“, die für das nachfolgende Wochenende anstand! Die Anmeldung musste aber wegen knapper Startplatzressourcen bereits im November erfolgen, also bevor am 1.Dezember das Ergebnis der BC-Lotterie verkündet wurde.

Fazit: Die Brocken-Challenge ist bei jedem Wetter eine Reise wert! Aber ich habe die Warmduscher-Version erwischt – ob das extra wegen mir Warmduscher war? Naja, so wichtig ist keiner.

Die größte Challenge ist und bleibt nun einmal, den Anforderungen des harten (Winter-) Wetters zu trotzen und heldenhaft zu finishen, im Orkan oder mit vereisten Augenbrauen und Trinkflaschen oder Füßen im Eiswasser oder Schnee bis zu den Hüften oder Schlamm bis zu den Waden oder oder oder. Für mich steht fest: Das war ein Finish außer der Reihe, zählt als harter Ultralauf, aber nicht als „echte“ Bewältigung einer Brocken-Challenge. Ich werde es wohl noch einmal versuchen und meinen Namen in den Lostopf werfen. Dann in Erwartung geringerer Chancen bezüglich der BC-Lotterie, aber höherer Chancen bezüglich der Wetter-Lotterie à BC 202x – Here we go!

Ein guter Start in das Laufjahr

Die letzten beiden Monate im zurückliegenden Jahr hatte ich damit verbracht, mich zu regenerieren und die Weichen für das kommende Laufjahr zu stellen. Meine Umfänge an Laufleistung waren dementsprechend auch geringer und ich fing mit Beginn des neuen Jahres wieder damit an, diese zu steigern und in Ausdauer zu kommen. Galt es doch rechtzeitig zum Ludwig-Leichhardt-Trail (LLT) am 17.02.2024 in Form zu kommen.

Gleichzeitig wollte ich die Laufplanung – zumindest für das erste Halbjahr – abschließen und in trockene Tüchern bringen. Ich hatte mich schon zusätzlich zum LLT auch für den Rennsteig-Supermarathon und den Fischland-Darß-Zingst-Ultra (FDZU) bereits angemeldet. Zudem liebäugele ich immer noch mit meiner Teilnahme am Etappenlauf direkt vor meiner Haustür der HEIDI-Challenge Ende April/Anfang Mai. Dies jedoch nur, wenn ich mich bis dahin soweit in die dafür nötige Form bringen würde.

Ich startete also Anfang Januar mit meinen Long Runs an den Wochenenden  und konnte diese von 23,5 km und 26,5 km am dritten Wochenende auf 30 km steigern. Das lief recht zäh, da auch noch eine winterliche Witterungslage hinzukam, die – jedenfalls für mich – recht beschwerlich war, da ich auch meine Long Runs fast alle alleine laufe.

Vor diesem Hintergrund hielt ich also Ausschau nach geeigneten organisierten Läufen in unmittelbarer Umgebung zur weiteren Vorbereitung und wurde auf den 1. Ufer Trail – einen sog. Einladungslauf – aufmerksam, der direkt in Potsdam-Babelsberg startete und 50 km durch das Umland führte. Glücklicherweise bekam ich noch einen Startplatz und fuhr mit mulmigen Gefühl (hatte ja lediglich als längsten Long Run nur 30 km in den Beinen) dort hin.

Antje, die Initiatorin, hatte den Lauf direkt vor ihrer Haustür organisiert und eine kleine Schar von 23 Läuferinnen und Läufern hatten sich für diesen Winter-Ultra angemeldet. Alle waren recht flott am Start und ich lief nach wenigen Kilometern mein eigenes Rennen im Wohlfühl- und Genußtempo. Dank des zur Verfügung gestellten Tracks konnte ich die Route auch beibehalten und fühlte mich an manchen Stellen an den Etappenlauf in 2022 (Deutschlandquerung) erinnert. Ab km 30 spürte ich dann, dass ich langsamer wurde und kam dann erschöpft aber glücklich als letzter Finisher ins Ziel.

Der Lauf war liebevoll organisiert und fand in sehr famliärer Atmosphäre statt. Alle kannten sich untereinander und wir verbrachten noch eine stimmungsvolle Läufer-Party im Anschluss.

Alles in allem war es ein guter Start ins Lauf-Jahr und für mich eine gute Vorbereitung für die anstehenden Ultras.

Ich drehe schon seit Stunden hier so meine Runden …

https://www.lav-halensia.de/cms/index.php/6-stunden-lauf

Ultraläufe haben die Eigenschaft, eine lange Strecke mit einer langen Zeit zu verknüpfen. Im Grunde gibt es drei Optionen: Zum einen die Punkt-zu-Punkt-Läufe, bei denen man hinterher auf die Karte zeigen kann „von hier nach da bin ich gelaufen“ und die organisatorisch die größten Anforderungen stellen. Deutlich einfacher ist die Organisation, wenn eine oder zwei große Runden zu laufen sind und das Ziel wieder in der Nähe des Starts. Diese Variante gilt für die Mehrheit auch der Ultraläufe. Als dritte Möglichkeit bleiben noch die Rundenläufe, bei denen man immer wieder an Start und Ziel vorbei kommt. Für Läufe nach Zeit ist das fast die einzige Alternative, wobei sich Rundenlängen von 1-2 km als besonders geeignet erwiesen haben. Typisch sind neben dem 1h-Lauf im Stadion die Ultrastrecken mit 6, 12 oder 24 Stunden.

Der Hallenser 6h-Lauf wird im Park auf der Peißnitzinsel an der Saale ausgetragen. Über 50 Teilnehmer liefen am ersten Novembersamstag 2023 bei strahlendem Sonnenschein und frischen 9-12°C (Einzel, dazu kamen 9 Viererstaffeln, die nach jeder Runde wechselten). Die weitgehend windgeschützte Runde verlief brettflach auf breiten, zumeist grob asphaltierten Wegen. Zum Ende bemerkten einige Läufer allerdings einen „Berg aus dem Nichts“, der sich innerhalb 100-200 m fast auf einen ganzen Meter auftürmte und zu Gehpausen einlud. An den Zugangswegen standen kleine Verkehrshütchen und große Helfer, die nicht nur Runde für Runde alle Läufer motivierten, sondern auch Radfahrer und Spaziergänger mit Hunden, Kindern und Fortbewegungsmitteln aller Art auf den Lauf aufmerksam machten und um gegenseitige Rücksichtnahme baten. Dank breiter Wege klappte das hervorragend, Respekt und Anerkennung der Leistung traf auf große Dankbarkeit und Freude über die Abwechslung. An einer etwas rutschigeren Stelle wurde kurzerhand noch während des Laufs das frische Herbstlaub weggefegt. Kurzum, es waren nahezu pefekte Bedingungen.

1439 m Rundenlänge ergibt gut 10 km pro 7 Runden – das machte die Berechnungen einfacher (mit zunehmender Erschöpfung kann ich deutlich schlechter rechnen). Hilfreich waren auch eine große Digitaluhr mit der verbleibenden Restzeit und ein Monitor, der jeweils für 6 Teilnehmer die aktuelle Platzierung, Rundenzeit, zurückgelegte Runden und Kilometer und das Durchschnittstempo sehr schön sichtbar anzeigte. Blindfische wie ich (beim Laufen ohne Brille) liefen ganz nah vorbei und hofften, dass keine Neugierigen direkt vor dem Monitor standen. 1-2 mal habe ich auch einfach gewunken und nach meiner aktuellen Rundenzahl gefragt, die mir auch prompt hinterher gerufen wurde.

Unmittelbar hinter Start/Ziel befand sich der Verpflegungsbereich, der die übliche Auswahl an Getränken (Wasser, Tee, Cola und Kaffee) sowie fester Nahrung (Stückchen Banane, Kartoffelscheiben, Salz, Brot, Salzbrezeln, tuc, Kekse, …) bot. Zusätzlich waren Tische für die Eigenverpflegung der Läufer aufgestellt – für diese konnte man sich bei der Anmeldung einen Platz reservieren, der dann mit Startnummer gekennzeichnet war. Da ich annahm, dass jeweils ein weiterer Tisch aufgestellt wird und ich diesen aus meiner Sicht zu großen Aufwand vermeiden wollte, hatte ich nichts angemeldet und wollte nun auch nicht meine wenigen Sachen dazwischen quetschen. So stellte ich meine Trinkflasche (selbstgemachtes Isogetränk) sowie eine Dose mit Essen und ergänzenden Sachen wie Mütze/Stirnband, Handschuhe, Jacke, Schlauchtuch und mp3-Player direkt auf den Boden. Das war natürlich weniger bequem, doch über sechs Stunden wird man ja noch nicht so hüftsteif wie bei noch längeren Läufen.

Nachdem ich zuletzt das Gefühl hatte, auf allen Strecken von 10 bis 100 km immer langsamer zu werden, wollte ich die Gelegenheit nutzen und testen, wie lange ich ein schnelles Marathontempo (zuletzt vier Stunden plus einige Sekunden) halten kann. Mein eigentliches Ziel waren dabei nicht die 6h, sondern die 50 km. Diese wurden offiziell vermessen, es wurde extra eine zusätzliche Matte verlegt und da wollte ich in die Nähe von 5h kommen. Die Taktik lautete: Gegenüber einem Stundenschnitt von 7 Runden ( 10 km/h) in den ersten beiden Stunden eine Runde „herausarbeiten“ und das möglichst auf den nächsten beiden Stunden halten – und dann mal schauen. Jeder Coach sagt einem, dass dieses „Dann mal schauen“ eine ganz miese Strategie ist, aber mehr (optimistischer) zu planen habe ich mich nicht getraut. Letztlich war ich nach moderatem Start auf den ersten zwei Runden gut und locker genug drauf, den Rundenplan sogar ein wenig zu überbieten (oder unterbieten, je nach Sichtweise). Es passte halt irgendwie: Die (inoffizielle) Marathonmarke passierte ich quasi in Bestzeit (seit meinem Wiederbeginn des Laufens vor vier Jahren, nur als Student war ich schneller) und die 50 km gleich eine Viertelstunde unter den magischen 5 h! Nun war Feiern angesagt und das geht so: Nach Beendigung der 35.Runde erhält der glückliche Läufer eine Fahne (1m-Fahnenstange inklusive), die er auf der nächsten Runde stolz laufend präsentieren darf. Alle können das sehen, alle kommentieren und gratulieren (schließlich hat man das selbst bei den Läufern zuvor auch so gemacht). Es war eine Prozession, ich fühlte mich wie ein 10min-Promi! Da es nun nicht mehr drauf ankam, war die Motivation zum Weiterlaufen geringer und schnell ging es sowieso nicht mehr. Es dauerte zwei Runden, bis sich die Überzeugung durchsetzte, nicht abzubrechen und im Ultraschlappschritt weiter zu laufen, bis irgendwann die 6h um waren.

Die Umkleiden boten zwar Sofas und viele Toiletten, aber für die Dusche hätte man in ein anderes Gebäude gehen müssen, so liess ich das aus. Eine Siegerehrung war für 17 Uhr angekündigt und da ich genug Zeit hatte, wollte ich dort auch hin gehen. Wie sich herausstellte, war es sogar eine kleine Nachfeier, bei der alle in einem holzofenbeheizten Raum saßen und den Lauf und andere Abenteuer besprachen. Es gab ein leckeres Kürbiscurry mit (etwas zu wenig) Reis. Bei der Siegerehrung erhielten die ersten acht Frauen und Männer Pokale und alle Läufer Urkunden und Medaillen: Obendrein durfte sich jeder aus einer recht attraktiven Auswahl an Preisen etwas aussuchen. Gleich drei Frauen überboten den alten Streckenrekord und liefen zwischen knapp 73 und fast 70 km. Sie waren Nationalmannschaftskader für die demnächst anstehende 24h-WM in Taiwan und nutzten den Lauf als Formtest.

Anreise: Eine morgendliche Anfahrt ist weiträumig möglich, da der Start erst 10 Uhr erfolgt und das Briefing nur eine Viertelstunde früher. Halle ist per Bahn hervorragend erreichbar. Vom Bahnhof führen die Straßenbahnlinien 2 und 7 Richtung Kröllwitz in die Nähe der Peißnitzinsel. Für die Autobahnanbindung gilt Ähnliches; (kostenlose) Parkplätze sind unweit des Startbereichs reichlich vorhanden.

Gelungener Saison-Abschluss in Dresden

Am 22.10.2023 habe ich die Gelegenheit genutzt und meinen 70. Marathon/Ultramarathon gefinisht. Das war eine Marke, die ich noch dieses Jahr erreichen wollte und ich hatte die ganze Zeit nach einen Marathon in der Nähe Ausschau gehalten. Da kam der Dresden-Marathon genau zur rechten Zeit und ich hatte richtig Bock.

Am frühen Sonntagmorgen machte ich mich dann mit dem Deutschlandticket auf den Weg und kam pünktlich in Dresden an. Es galt eine Halbmarathon-Runde zwei Mal zu bewältigen. Die erste Runde führte durch den historischen Stadtkern mit einem Ausflug zum Großen Garten um das Palais. Die zweite Runde führte dann zur Abwechslung anfangs an der Promenade an der Elbe entlang, bevor wir wieder die vertraute Runde zu bewältigen hatten. Zum Ende war es dann etwas Arbeit für mich, da es immerhin der dritte Marathon/Ultramarathon innerhalb von vier Wochen für mich war.

Insgesamt war es eine schöne Laufveranstaltung bei schönem Oktoberwetter und mit meinen 04:30 Stunden im Ziel war ich wieder einmal in meiner vertrauten Pace. Erschöpft und überaus zufrieden kam ich dann abends wieder in Berlin an und war froh, dass ich mir den Montag zum regenerieren frei genommen hatte.

Von Burg zu Burg zu Schloss zu Burg

Der Drei-Burgen-Lauf in Bad Belzig

Hatte ich noch letztes Jahr aufgrund der ambitonierten Cut-Off-Zeit von sechs Stunden als „Genuß-Läufer“ vor einer Teilnahme am Bad Belziger Burgenlauf-Ultra zurückgeschreckt, war es dieses Jahr aufgrund der Ausweitung der Cut-Off-Zeit auf sieben Stunden für mich aktzeptabel. Tom und Sonja Schmitts Interventionen sei Dank!

Den Burgenlauf kannte ich bereits aus der Vor-Corona-Zeit als ich 2019 am 25 km-Lauf teilgenommen hatte und hatte die Gegend in überaus guter Erinnerung. Zudem reizte auch der Umstand, dass einige Teilnehmende der „Deutschlandquerung“ aus dem vergangenen Jahr ebenfalls in der Meldeliste zu finden war. Ich wartete noch ab, wie ich den Berlin-Marathon verkraftete und meldete mich dann am letzten Tag der Meldefrist für den 14 Tage später stattfindenden Natur-Ultra-Lauf an.

Am 08.10.2023 machte ich mich dann auf den Weg nach Bad Belzig, um im Rahmen des Burgenlaufs am 50 km-Ultra-Lauf durch den Hohen Fläming teilzunehmen und sollte es nicht bereuen.

Die einstündige Anreise mit dem Auto verlief problemlos und ich kam pünktlich und Just-in-Time an der Burg Eisenhardt in Bad Belzig rechtzeitig an, um meine Startunterlagen abzuholen und dem Kurz-Briefing teilzunehmen. Den Track hatte ich mir bereits auf meine Laufuhr heruntergeladen. Kurz noch einige Deutschland-Querulanten begrüßen und ab ging die Luzie ..

Die Strecke war sehr abwechslungsreich und ein echter Naturlauf. Wir liefen fast ausschließlich Wald- und Forstwege und kreuzten gelegentlich Bundesstraßen. Die Strecke war in einem erstaunlich gutem Zustand, nachdem es die Nacht zuvor durchgeregnet hatte. Glücklicherweise hatte der Regen am Morgen aufgehört und es war ein sonniger Oktober-Tag.

Ich lief wie immer frei Schnauze los und lies das Tempo einfach laufen, obwohl ich wußte, dass ich es wieder einmal zu schnell anging und dafür am Ende wieder bezahlen würde …. Als Nebeneffekt konnte ich jedoch mit einigen Bekannten gemeinsam laufen und dabei Erfahrungen austauschen. Bis zur Halbmarathon-Marke bei Burg Rabenstein lief es in diesem Sinne. Ab dann ließ ich es etwas ruhiger angehen und ließ die anderen ziehen.

Ab dann lief ich mein eigenes Rennen und wechselte bis ins Ziel regelmäßig die Positionen mit anderen Laufenden, die ebenfalls mein Leistungs-Niveau aufwiesen. Ab Schloss Wiesenburg  bei km 38 wurde es dann auch wieder etwas zäh für mich, was ich aber auch am Ultra-Lauf überaus schätze. Dann kommt immer die Phase der Leidensfähigkeit und des Durchhaltevermögens, was ein alter „Schiffs-Diesel“ – wie ich einer bin – durchaus schätze.

Zum Schluss war auch noch eine Endzeit von unter sechs Stunden im Bereich des Machbaren und ich machte mich daran, das auch zu erreichen. Mit 05:56 Stunden kam ich dann an der Burg Eisenhardt wieder an und war sehr zufrieden damit. Im Burghof war dann noch Gelegenheit, etwas Läufer-Latein auszutauschen, bevor es dann wieder zurück gen Berlin ging.

Alles in allem ein wirklich sehr guter Natur-Lauf. Liebevoll organisiert von den Veranstaltern, mit guter Verpflegung und sensationellen Helfern an der Strecke!

Die Generalprobe (es wird ernst )

Noch exakt vier Wochen bis zum Berlin Marathon und es besteht bei der Generalprobe in Steglitz (Halbmarathon) die Möglichkeit, seinen aktuellen Leistungsstand zu erfahren und damit zu schauen, wo geht die Reise in vier Wochen hin. Natürlich nutze ich die tolle Möglichkeit und meldete mich als SCC Mitglied dafür an. Für mich war es sehr wichtig zu ermitteln, wie meine Leistung nach längerer Laufpause ausschaut. Die letzten Wochen liefen gut und ich trainiere auch schon wieder sehr ambitioniert.

Die Anmeldung ist als Mitglied immer sehr entspannt, da man über das Anmeldeportal in wenigen Minuten registriert ist. Da ich es aus zeitlichen Gründen nicht geschafft habe, die Startnummer zu holen, war der liebe Dirk so nett und hat Sie für mich mit abgeholt. Wieder total aufgeregt und voller Vorfreude, fuhr ich am Sonntag mit Roberto nach Steglitz. Bei der Fahrt unterhielten wir uns über unsere gewünschten Zielzeiten. Roberto wolte einfach gemütlich ankommen und plante in 2 ½ h ins Ziel zukommen, wobei ich gerne eine 1:30 h zu stehen hätte, wenn alles gut lief. Organistaorisch muss ich leider sagen, dass vor allem die Taschenabgabe sehr chaotisch ablief und ich dann meine Sachen in das Auto eines Freundes gepackt habe. Das geplante Erwämen/Einlaufen war daher auch nicht möglich und es wurde doch etwas stressig. Das schönste aber war, dass ich einen Freund in der Masse gefunden habe (Karsten), mit dem ich dann auch gemeinsam an die Startlinie gegangen bin und wir beschlossen haben, gemeinsam zu laufen, da wir das geiche Ziel vor den Augen hatten. Wir machten uns auf ins Startgebiet, wo einige Tausend Laufbegeisterte sehnlichst auf den Start warteten. Um 09:03 Uhr war es endlich soweit, der Startschuss fiel. Karsten und ich machten uns auf die Spur und liefen konstant eine 4:30 Pace und sammelten damit fleißig die etwas langsamen Läufer ein. Das Wetter war perfekt und es lief auch alles nach Plan, die Stimmung war sehr schön und gefühlt hatten alle viel Spaß. Die erste Runde lief ich in 45 Minuten, leider hatte ich Karsten bei km 7 ziehen lassen, da er doch recht flott unterwegs war. Der Plan war es gewesen, nach dem ersten kleineren Anstieg schneller zu werden und zu schauen, was so geht. Ab km 12 passierte leider etwas, was ich so nicht auf dem Schirm hatte. Ich bekam Kreislaufprobleme und Salztabletten hatte ich einfach vergessen mitzunehmen. Ich bemerkte sehr schnell, dass ich definitiv ohne Salze so nicht weiter laufen konnte, da ich nicht umkippen wollte und es gab auch an der Strecke kein Salz. Somit brach ich das Rennen bei km 15 ab und lief dann gemütlich bis zum Start/Zielbereich. Für mich war es nicht schlimm abzubrechen, da ich aufgrund einer Medikamenten-Einstellung erstmal schauen muss, wie mein Körper unter Belastung so reagiert. Sicher im Zielbereich angekommen traf ich Kartsen wieder und wir kamen in den Austausch, wie der Lauf so war und was passiert ist. Karsten kam zufrieden an und lief seine 1:35 h. Ich war trotzdem happy, dass ich mit diesem Tempo soweit gekommen war. Also rundum ein tolles Erlebnis, was man zur Marathonvorbereitung gerne nutzen sollte.

Wer Lust und Zeit hat, sollte es auf jeden Fall ausnutzen.

Mit sportlichem Gruß

Euer Jan

100 Meilen-Staffel – Die „Aerosole“

Es war mal wieder so weit. Dieses Jahr ging es für Christine, Günther, Franz und mich als Staffel bei den 100 Meilen in Berlin (Mauerweglauf) an den Start. Eine Erfahrung die ich so auch noch nicht teilen durfte und dieses sollte etwas Besonderes werden.

Günther und Christine hatten ja schon Staffelerfahrung bei den 100 Meilen aber auch noch nicht in dieser Konstellation. Günther war so nett und lud Franz und mich zu der Staffel ein und wir sagten gerne zu. Christine war ja sowieso schon fester Bestandteil der Staffel.

Wir waren auch alle ganz bestimmt aufgeregt, denn es ist ja immer etwas Besonderes bei so einer Veranstaltung, die auch noch in Gedenken eines Maueropfers stattfindet. Dieses Jahr war es in Gedenken an Erna Kelm, die beim Fluchtversuch am 11. Juni 1962 in der Nähe von Sacrow beim Überqueren der Havel ertrunken war.

Die Startnummernausgabe fand traditionell am Freitag im H2O Hotel am Alexanderplatz statt, wo auch die Pastaparty und das Briefing für den Lauf war. Für Sonntag war dort auch die Siegerehrung der Einzelläuferinnen und Einzelläufer ( 161 km) geplant. Die Siegerehrung für die Staffeln war im Erika-Hesss-Eisstadion vorgesehen.

Unsere Aufteilung für die 100 Meilen:

  1. Franz:  Erika-Hess-Eisstadion – Sportplatz Teltow (56,1 km)
  2. Jan : Sportplatz Teltow – Schloss Sacrow (31,7 km)
  3. Christine: Schloss Sacrow – Ruderclub Oberhavel (36,9 km)
  4. Günther: Ruderclub Oberhavel – Erika-Hess-Eisstadion (36,6 km)

Das Rennen für die Vierer-Staffeln begann anderthalb Stunden nach den Einzelläufern und Einzelläuferinnen um 07:30 Uhr und Franz ging frohen Mutes an die Startlinie Er war höchst motiviert seinen Teilabschnitt in 7 Stunden zu absolvieren. Franz lief wie immer mega konstant und spulte sein Tempo ab. Nach einer kurzen Übergabe des Transponders stieg Jan am Sportplatz Teltow ins Rennen ein. Zu dieser Zeit benötigte Franz knapp 06:55:22 Stunden mit einer Pace von 7:24 Min./km.

Das Wetter wurde wie versprochen im Laufe des Tages sehr drückend und schwülwarm. Zeitweilig regnete es und es war sehr lange sehr bewölkt. Jan war flott unterweg und lief seine  31,7 km in 03:25:02 Stunden mit einer Pace von 6:28 min/km. Ab Potsdam wurde es extrem heiß und alle Läuferinnen und Läufer hatten mit der Hitze zu tun. Leider gab es viele, die schon ab km 60 ausstiegen. Jan hatte dann auch schwer mit der Hitze zu kämpfen, berichtete er voller Demut. Er musste von seiner anfangs sehr guten Pace von 05:45 Min./km runter gehen, was aber auch bei dieser Wtterung  völlig in Ordnung war. Besser als mit körperlichen Problemen später durch das Rennen zu schleichen. Jan kam gut durch und gab vollen Eifers in Sacrow an. Christine hatte bereits vor dem Wechselpunkt an der Gedenkstele von dem Maueropfer Erna Kelm auf ihn gewartet.

Christine ging dann am Schloss Sacrow mit einer Gesamtzeit von  10 Stunden und 20 Minuten ins Rennen und musste von dort bis zum Ruderclub in Hennigsdorf laufen. Es war auch klar, dass sie jetzt in die Nacht hinein laufen würde. Auch Christine ist mit einer konstanten Laufleistung zum Ruderclub gelaufen und hat Ihre 37,9 km in 05:27:05 Stunden mit einer Pace von 08:51 Min./km absolviert. Auch sie war mit ihrer Leistung sehr zufrieden. Das Tolle war, dass sie von ihrem Ehemann mit dem Fahrrad durch die Nacht begleitet wurde und mentale Unterstützung hatte.

Zuletzt ging Günther auf die letzten 36,60 km durch die Nacht, um unsere Staffel sicher ins Ziel zu bringen. Er war in einer stabilen Form, hatte aber die Nacht vor sich. Ausgerüstet mit Stirnlampe, Rettungsdecke, Soft Flack und einer Warnweste ging es nun los. Voller Tatendrang lief Günther ganz stabil duch die Nacht. Günther erzählte voller Begeisterung, dass er in der Nacht eine Mitläuferin hatte, die die volle Distanz lief und super fit war. Diese hatte ja immerhin schon gut 130 km in den Beinen und war wohl so fit das Sie noch hätte Stunden weiter laufe können. Zusammen finishten die beiden und unterhielten sich noch ein wenig.

Am Samstag war dann die Siegerehung der Staffeläufer. Es kochten natürlich noch einmal die Emotionen hoch und alle Läuferinnen und Läufer kamen zusammen. Es war ein tolles Gefühl und alle bejubelten die letzten Einzelläuferinnen und Einzelläufer, die währenddessen ihre 161 km finishten. Es war megaspannend. Dann war es soweit, wir belegten den 35. Platz von 52 angekommenen Vierer-Staffeln und erhielten die Urkunden und Medaillen. Wir machten nochmal tolle Fotos von uns. Ein starkes Team und ein wunderschönes Event ging zu Ende.

Von Bremen nach Sankt Pauli – Scheitern als (Lern-)Chance

Ein Erfahrungsbericht

Das Laufmotto reizte mich ungemein: „100 Miles in a Day: Von Bremen nach Sankt Pauli laufen“. https://www.bremensanktpauli.de/

Das Ganze startete am Pfingstsonntag um 00:00 Uhr und sollte bis Mitternacht beendet sein. Die allgemeine Vorbereitung auf diesen Saisonhöhepunkt 2023 startete wie bei mir üblich ein halbes Jahr zuvor nach einer anstrengenden Saison 2022 und einer längeren (erkältungsbedingten) Ruhephase im Oktober, die lediglich durch den gemütlich absolvierten Rügenbrückenmarathon unterbrochen war. Meist lief ich 3x wöchentlich nach der Arbeit eine Stunde mit einigen Kollegen sowie längere Einheiten am Wochenende, dabei auch den Teammarathon in Leipzig im Januar, zwei Ultras (55 & 100 km) im Februar, 100 km in Grünheide-Störitz im Februar sowie 170 km beim JUNUT im April. Als Auflockerung probierten ein Laufkollege und ich auch mal das Backyard-Format und liefen mal von 6-12 Uhr und einmal von Mitternacht bis 12 Uhr, was eine Gelegenheit bot, die ungewohnte Startzeit auszuprobieren. Franz kennt das ja von Biel, wo die 100 km um 22 Uhr gestartet werden.

Im Wesentlichen war ich mit dieser Vorbereitung zufrieden, allerdings hatte ich dabei einen überraschenden Aussetzer ausgerechnet in Störitz: Bei der 3.Teilnahme in Folge schaffte ich es dieses Mal nicht, die 100 km in rund 12 h zu bewältigen. Im Gegenteil, nach 2/3 der Strecke waren Kopf und Beine so leer, dass es mein erstes „DNF“ überhaupt wurde (von einem Kurztriathlon mit strömendem Regen in den Neunzigern abgesehen, den ich zähneklappernd nach dem Schwimmen abbrechen musste).

Nun kam also gleich das zweite DNF dazu, wovon ich hier berichten möchte. Schließlich ist halt nicht immer nur Erfolg und Sonnenschein. Insbesondere bei den Ultraläufen scheint es, als wäre ein Abbruch mit zunehmender Streckenlänge immer wahrscheinlicher. Bei manchen Läufen ist die Abbrecherquote sogar höher als die der Finisher. Bremen-St. Pauli zählt definitiv dazu: Von 20 gemeldeten Teilnehmern starteten letztlich 16; davon gaben die Hälfte unterwegs auf und von den anderen 8 schafften es nur Matthias Kranz und Matthias Kröling sowie Katrin Grieger in weniger als 24 h, die anderen fünf blieben zusammen anderthalb Stunden über dem Zeitlimit. Daran kann man schon erkennen, dass es keine leichte Aufgabe war, den Lauf fristgemäß zu finishen.

Woran es bei mir letztlich gelegen hat, dass ich selbst nach etwas mehr als der Hälfte aufgab, kann ich gar nicht genau sagen, wahrscheinlich war es eine Mischung mehrerer Ursachen. Im Vorfeld hatte ich mich auf gedanklich diese Möglichkeit eingerichtet und den JUNUT 170 zum zweiten Saisonhöhepunkt erhoben, der ja dann erfolgreich war. Das hat auf jeden Fall den Druck etwas herausgenommen und die Enttäuschung enorm reduziert.

Einerseits ist 100 Meilen in 24 h zu laufen für mich ein ambitioniertes Ziel, zu dessen Erfüllung einige Dinge passen müssen. Bisher sind meine diesbezüglichen Erfahrungen nicht gerade groß: 2021 in Berlin waren es knapp 25 h, andere Läufe waren kürzer oder langsamer, weil bergig. Andererseits war ich letztendlich so weit weg davon, die 100 Meilen zu schaffen, dass es mich etwas überraschte.

Der ursprüngliche Plan beinhaltete eine sehr frühe Anreise. Das hätte bedeutet zwischen 20 und 23 Uhr wartend allein zu verbringen, da die Organisatoren aus Hamburg stammen und erst spätabends anreisten. Der Start war direkt am Weser-Stadion, wo freundlicherweise einer der Fan-Räume genutzt werden konnte. Übrigens kamen gerade Werder-Fans vom Union-Spiel aus Berlin zurück, die nicht ganz zu wissen schienen, ob sie sich wegen des verlorenen Spiels ärgern oder den Abschluss einer erfolgreichen Saison feiern sollten.

Um einen langen Aufenthalt vor dem Stadion zu vermeiden, bin ich letztlich spät angereist und war erst 20 min vor dem Start da: Trotz Umziehen und Sachen packen im Zug war die Vorbereitung mit Briefing, T-Shirtausgabe, Dropbag, Fotos, etc. natürlich etwas hektisch! So haderte ich zu Laufbeginn noch mit den Einstellungen am GPS-Gerät und schaltete auch den Tracker nicht ein. Ob ich das hätte tun müssen oder nicht, weiß ich gar nicht, aber er lief nicht richtig und beim ersten VP gab es einen neuen.

Es liefen alle sehr schnell los, jedenfalls für mich viel zu schnell. Mittlerweile überrascht mich das nicht mehr so sehr, aber so richtig verstehe ich es immer noch nicht. An mangelnder Erfahrung liegt das definitiv nicht, denn die war auch hier bei meisten Teilnehmern riesig, was mir enormen Respekt einflößte. Sicherlich kann bei einem (langen) Ultralauf kaum jemand sein Tempo über die gesamte Distanz beibehalten wie es bei kürzeren Läufen bis zum Marathon noch möglich ist. Da ich nicht sofort abgehängt und allein sein wollte, blieb ich erst mal hinten dabei. Gefühlt waren es 9-10 km/h und der erste VP nach ca. 18.5 km war schon nach glatt 2:00 h erreicht. Gegenüber dem erforderlichen Mindesttempo für 100 Meilen in 24 h von 6.7 km/h ist das fast das anderthalbfache! Eine meiner Sorgen ist das freie Navigieren mittels GPS-Gerät, also das Finden der Strecke und rechtzeitige Abbiegen, aber hier war das (noch) entlang des Weser-Radweges und daher sehr einfach. Da hätte ich also wirklich langsamer laufen müssen, vielleicht hätte das dann noch jemand anderes gemacht.

Die Dunkelheit war kein Problem. Ende Mai, in der Nähe bzw. an den Ausläufern der Großstadt in einer sternenklaren Nacht mit etwas Mondschein war es auf dem Deich alles andere als stockdunkel, da genügte selbst eine recht schwache Stirnlampe. Das war auch kein Problem, als es später in der Nacht kleinere Waldabschnitte gab. Die Morgendämmerung setzte bereits vor 4 Uhr ein und 5 Uhr war es sogar hell genug, um ohne Stirnlampe zu laufen.

Da meine alten Schuhe bereits alle sehr herunter waren (im Durchschnitt hatten sie deutlich über 1000 km weg, wobei ich einige spezielle Paare nur zur Abwechslung oder bei bergigen Trailläufen trage), hatte ich zwei Wochen zuvor beim Rennsteiglauf zwei Paar Laufschuhe gekauft. Nach einem in der zweiten Hälfte (vor allem bergab) zu schnell gerannten Rennsteiglauf-Marathon war ich aber erst einmal körperlich geschafft. Ein Paar erlebte zumindest das Auslaufen am übernächsten Tag, doch wegen schmerzender Oberschenkel lief es nicht recht (5-6 km Traben). Dann kam die große Erkältung, ausgehend oder begleitet von Allergie-Problemen. Damit lag ich erst im Bett und war dann so schlapp, dass ich lieber gar nicht erst gelaufen bin. Das ist natürlich nicht optimal vor 100 Meilen, doch auch sonst ist vor so einem langen Lauf in der letzten Woche fast nur Ruhe angesagt. Die neuen, nicht eingelaufenen Schuhe drückten jedenfalls und belasteten die Fußgelenke, was beim Lauf deutlich zu spüren war.

Dazu kam ein fast stechender Schmerz beidseitig an den Rippen, wo die Laufweste an den Brustkorb drückte. Das war völlig neu und unangenehm! Ein wenig Linderung verschaffte es, die Laufweste nur oben zu schnüren, aber dann schlackerte es wegen der beiden Trinkflaschen. Wie viel Trinken erforderlich ist, kann ich oft nicht gut einschätzen. Manchmal trinke ich zu wenig, meist aber reichlich. Wegen der Wärme am Tag war natürlich der Salzhaushalt zu beachten. Der Plan bestand ursprünglich darin, meist eine Flasche mit Wasser und die zweite Flasche mit Iso-Getränk zu füllen; das Pulver war selbst zusammengestellt und in kleinen Tüten dabei. Das ging zunächst ganz gut, aber möglicherweise habe ich mich doch verschätzt und es wurde hier eines der größeren Probleme.

Sowohl bei VP2 (40 km) als auch VP3 (61 km) wurden meine jeweiligen MitläuferInnen kurz vor dem VP langsamer und beendeten dann leider den Lauf. Ich selbst fühlte mich nach 40 km noch gut, doch beim VP3 nach 61 km merkte ich schon so einige Probleme. Nun wurde es warm und sehr einsam, Die Orientierung klappte ohne Probleme, aber permanent das GPS-Gerät in der Hand zu halten war noch immer ungewohnt. Die Strecke bis zum nächsten VP4 bei 78 km zog sich ganz schön hin entlang einer wenig befahrenen Straße, an Feldern vorbei über kleine Hügel, querte die A1 unten und oben. Abgesehen von einem Pärchen, das wir überholt hatten und von dem nicht sicher war, ob sie noch im Rennen waren (sie liefen deutlich über 100 km), war ich nun allein hinten, wobei das bei so einem kleinen Feld wenig bedeutet.

Nach glatt 10 h waren bei VP4 mit 78 km knapp die Hälfte der Strecke absolviert. Eigentlich eine gute Zeit, die genügend Reserven für die anstrengendere zweite Hälfte, die beginnende Hitze und die Müdigkeit am Abend bieten sollte. Am VP4 startete gerade ein Läufer und ein anderer machte noch Pause. Da es ein „großer“ VP mit besonders umfangreichem Angebot einschließlich warmer Gemüsesuppe und dem Dropbag zum Nachfüllen der Vorräte sowie für Kleiderwechsel war, war eine längere Pause sinnvoll. Wegen der unsicheren Schuhsituation hatte ich ein Paar meiner uralten Laufschuhe eingepackt und wechselte auf diese. Hier sollte vielleicht endlich einmal erwähnt werden, dass der Lauf von 5 Enthusiasten aus Hamburg organisiert wurde, die etwas Großartiges auf die Beine stellten:

Obwohl sie nur so eine kleine Gruppe sind und sich das Feld erwartungsgemäß weit auseinander zog, gab es etwa alle 20 km die Verpflegungspunkte mit einem sehr breiten und spezifisch für Ultraläufer ausgewähltem Angebot. Wasser, Iso, Cola, Fanta, Kaffee gab es überall, meist auch Brühe und Bier. Salzige und süße Snacks, selbstgebackener Kuchen, Obst und Gemüse, Brot mit Aufstrichen sowie Riegel wurden angeboten. „Der Einfachheit halber bieten wir alles vegan an“ – was für eine Knalleraussage für jemand wie mich, der Probleme mit Milchprodukten hat und normalerweise gar nicht erst das Wort „laktosefrei“ anbringen mag, um nicht wie ein Nörgler zu wirken. Klar, bei den 100 Meilen von Berlin ist die Vielfalt noch größer, auch dank der ganzen Helfer sind die Stände größer und individueller bestückt. Aber was bei vielen hundert Teilnehmern geboten wird, kann von einer Handvoll Leute für anderthalb Dutzend Läufer unmöglich erwartet werden. Es war einfach toll!

Zurück auf der Strecke gab es nun immer mehr Radfahrer. Der Weg führte entlang eines Radwanderwegs, des nächsten Flusses, des nächsten Orts (Sittensen) – und da waren sie wieder, die ewigen treuen Krisenbegleiter Erschöpfung und Zweifel. Wozu das alles – Du bist doch müde und geschafft, wer weiß, ob die Zeit überhaupt reicht, es ist heiß und Durst hast Du auch… Der Podcast war wie geplant nicht zu aufregend, sollte mich ja noch stundenlang beschäftigen ohne aufzuregen. Manchmal hilft dann noch, in den Power-Modus überzugehen: Aufputschende Musik und reichlich Cola. Aber irgendwie hatte ich für beides scheinbar die Gelegenheit verpasst…

Der nächste VP, Nummer 5 nach 95 km, ist der einzige unbesetzte VP. In der Mitte des Rennens wird es nicht nur schwierig, die sich überschneidenden VP-Zeiten zu bedienen, sondern auch so warm, dass die einzelnen Abschnitte nicht zu lang sein sollten. VP5 lag klar beschrieben und einfach zu finden an einem Schuppen der Bahnanlagen direkt neben einem Bahnübergang und bot Getränke zum Auffüllen von Körper und Trinkflaschen. Langsam kam er näher, doch als er schließlich nach knapp über 13 h erreicht war, stand die Entscheidung schon fest: Aufgabe! Daran änderte auch das Trinken nichts. Schweren Herzens rief ich die Rennleitung an und teilte den Entschluss mit. Da gab es keinen Überraschungsmoment, schließlich lag ich recht weit hinten, es hatten schon mehrere Läufer aufgegeben und welchen anderen Grund sollte es sonst auch geben für einen Anruf? Überzeugungsarbeit kann man vielleicht leisten, wenn es sich um einen Lauf mit kurzen Runden oder geringen Abständen zum nächsten VP handelt. Hier war auch die Aussicht auf Nudelsalat nicht verlockend genug, weitere 11 km zu absolvieren. So holten mit die freundlichen Organisatoren mit einem Auto ab und fuhren mich zum nächsten Bahnhof, während des zweite mit meinen Sachen ebenfalls dorthin kam (Dropbag und Rucksack fürs Ziel). Damit konnte ich direkt heimfahren und hatte noch als Trostpflaster etwas restliches Pfingstwochenende zum Ärgern, äh zur mentalen Aufarbeitung des Laufs.

Der Lauf schien zunächst ein Versuch der Organisation eines Ultralaufs zu sein, bei dem nicht klar war, ob es eine Wiederholung geben würde. Am Veranstaltungstag  hieß es dann bereits, dass die fünf mit dem bisherigen Verlauf der Premiere insgesamt ganz zufrieden waren und eine Neuflage in zwei Jahren planten. Inzwischen wurde die 2.Ausgabe von Bremen-St. Pauli auf Pfingsten 2024 gelegt – eine Woche nach dem Rennsteiglauf. Da ist sie, die Gelegenheit, eine offene Rechnung zu begleichen, liebe Freunde!

So verabschiede ich mich mit einem „Manche lernen’s nie“,

Ralf

PS: Es lohnt sich wirklich, diese kleine aber feine Veranstaltung anzugehen. Kein Megaevent, aber eine Herausforderung für Körper und Geist mit sehr schöner Streckenwahl.

Bieler Nächte

Am zweiten Juni-Wochenende war ich zum dritten Mal zu den Bieler Lauftagen. Es gibt ja solche Orte und Läufe, zu denen es einen immer wieder hinzieht. Biel gehört für mich definitiv dazu. Nachdem ich bereits 2015 und 2018 dort die 100 km gefinisht hatte, war es nun nach überstandener Corona-Zeit überfällig.

Voraus ging eine mehrmonatige Planungsphase mit mehreren Lauffreunden, von denen letztendlich Jan und ich übrigblieben. Dies tat aber unsere Euphorie keinen Abbruch. Wir reisten bereits am Donnerstag an und hatten uns am Flughafen Zürich verabredet. Die letzte Teilstrecke nach Biel bewältigen wir gemeinsam mit der Schweizer Bahn.

Angekommen in Biel wollten wir gleich unsere Startunterlagen abholen und machten uns auf den Weg zur Tissot-Arena, die zu unserer Überraschung etwas außerhalb der Stadt lag. Wir waren bei unseren vorherigen Teilnahmen an den Startbereich im Stadtzentrum gewohnt und vermissten vor allem die Läufermesse und das Merchandising. Hatte ich mir doch fest vorgenommen, eine Biel-Mütze zu erstehen.

Anschließend ging es zu unserer Unterkunft der Lago Lodge, einem Hostel in Nidau unweit vom Bieler Bahnhof und fast direkt am Bieler See gelegen. Dort war ich bereits bei meiner letzten Teilnahme in Biel und hatte die Unterkunft in bester Erinnerung. Mein damaliger positiver Eindruck bestätigte sich erneut. Eine Super-Unterkunft mit gutem Ambiente und sehr empfehlenswert! Wir bezogen unser Zimmer und gingen früh schlafen. Die Strapazen des Reisetages waren spürbar und das Tapering für den anstehenden Nachtlauf am kommenden Abend hatte Priorität.

Den Race-Day begannen wir mit einem gemütlichen Frühstück und Schweizer Käsespezialitäten – ein Genuß! Anschließend nutzten wir die Gelegenheit und machten vormittags eine ausgedehnte Schifffahrt auf dem Bieler See. Eine herrliche Art der Fortbewegung ohne sich körperlich anstrengen zu müssen. Wir wussten, dass wir dann abends genug gefordert würden. Den restlichen Tag verbrachten wir mit Ausruhen, Schlafen und Grübeln, welche Ausrüstung wir mit auf der Strecke nehmen würden. Ich entschied mich dann doch für den Laufrucksack und ein Drop-Bag für Kirchhberg.

Abends machten wir uns dann auf den Weg zur Tissot-Arena. Unterwegs trafen wir viele Läufer und insbesondere einen Biel-Veteranen aus Duisburg, der uns aufklärte, dass die Tissot-Arena der historische Startort der Bieler Nächte war. Die Atmosphäre dort war magisch. Die Dämmerung brach bereits an und der steigende Adrenalinspiegel aller Teilnehmenden lag spürbar in der Luft. Pünklich um 22 Uhr erfolgte dann der Start der 100 km vor vollbesetzten Tribünen, Pyrotechnik und dem Lied der Toten Hosen „An Tagen wie diesen …“. Gänsehaut!

Es ging dann gleich flott los und ich überzog meine geplante Pace spürbar. Nachdem wir das Stadtzentrum passiert hatten, ging es hinaus nach Port und den ersten Anstieg nach Bellmund. Danach ging es weiter in der Nacht auf Feld- und Flurwegen Richtung Aarberg – dachte ich zumindestens. Doch nicht nur zu meiner Überraschung führte die Streckenführung an Aarberg vorbei und leider nicht über die historische Brücke über die Aare – ein Highligt und HotSpot meiner vorherigen Teilnahmen – schade …

Es ging weiter nach Lyss, wo die Radbegleiter auf Ihre Läufer warteten und ins Rennen miteinsteigen durften. Jan hatte bereits – wie in der Vorbereitung auch – wieder Probleme mit der Wade, die stetig zunahmen und ihn schweren Herzens in Lyss zur Aufgabe zwangen. Wir verabschiedeten uns und wünschten uns alles Gute.

Nun war ich alleine auf der Strecke und hatte noch knapp 80 km vor mir. Ein völlig neues Gefühl, hatte ich doch bei meinen bisherigen Teilnahmen jeweils durchgehend oder fast bis zum Ende Begleitung dabei. Nach etwa 30 km kam dann die Krise! Auf einem Schlag war alles weg. Keine Kraft, keine Zuversicht, keine Ressourcen – leerer  Tank! Damit hatte ich nicht gerechnet. Zwar wusste ich, dass so lange Läufe auch Krisen beinhalten, aber so früh hatte ich noch keine gehabt. Was nun folgte war ein einziger mentaler Kampf mit meinem inneren Schweinehund und ich biss mich durch. Ich wurde immer langsamer und hatte teilweise das Gefühl, dass ich nur noch im Schneckentempo voran kam. Die Krise endete erst bei km 53 kurz vor Kirchberg, wo ich innerlich schon meine Aufgabe akzeptiert hatte. Doch wie durch ein Wunder war ich plötzlich wieder bei Kräften. Krisen kommen und Krisen gehen! Non Stop Ultra! Wohl auch die Aussicht auf mein Drop-Bag und den Wechselklamotten hatte mich beflügelt. Nach einer erholsamen Pause in Kirchberg lief es dann wie am Schnürchen und ich machte Plätze gut.

Letztendlich kam ich dann nach 14 Stunden und 40 Minuten erschöpft und glüklich ins Ziel und war wieder um eine Erfahrung reicher!