100 Meilen zum Jahresziel – Mein Mauerweglauf 2024

Saisonziel 2024

Nun war er endlich da, der Saisonhöhepunkt 2024 mit meinem großen Jahresziel: 100 Meilen innerhalb von 24 Stunden zu finishen und mir einen „Buckle“ zu verdienen, wie für viele Ultraläufer auch für mich ein großer Meilenstein des persönlichen Erfolgs und Fortschritts. Dafür hatte ich ohne Winterpause und in einem Umfang trainiert wie noch nie zuvor, noch deutlich mehr als vor dem ersten Versuch 2021. Damals bekam ich Probleme mit den sommerlichen Bedingungen insbesondere ab Streckenhälfte und konnte das geplante Tempo nicht mehr schaffen. Nach WP3 in Hennigsdorf ging ich längere Strecken, lernte dabei auch Franz kennen und finishte nach knapp 25 h. Dieses Mal sollte das alles etwas besser klappen.

Vorbereitungsläufe

In der diesjährigen Vorbereitung sorgten die Brocken-Challenge (80 km) und der Kristall-Marathon im Februar, der abgebrochene Junut (bis 138 km), der Heidi-Etappenlauf (5x 60 km), der Rennsteiglauf (74 km), der FDZU (115 km) und der Thüringen-Ultra (100 km) für viel Wettkampfgewöhnung und Trainingsmotivation mit recht vielfältigen Anreizen. Insbesondere der Etappenlauf bei teils sehr warmem Wetter und mit diversen Passagen des Mauerwegs diente als mir sowohl als Formtest als auch als intensives Mehrtagestraining und war von der Strecke her eine sehr gute Einstimmung. Noch besser wären zusätzlich die alljährlich angebotenen Testläufe der LG Mauerweg auf der Originalstrecke gewesen, doch leider lagen sie etwas ungünstig für meinen Terminplan. Ergänzt durch die Ultra-Erfahrungen der letzten Jahre fühlte ich mich sehr gut vorbereitet. Die Strecke selbst und das für den Buckle erforderliche Tempo machten mir wenig Sorgen; die entscheidende Frage schien eher, ob ich es kräftemäßig, mental und abhängig von Wetter und potentiellen körperlichen Problemen durchstehen würde, den Laufanteil genügend hoch und den Geh- und Pausenanteil entsprechend gering zu halten, um meine persönliche „Schallmauer“ zu knacken.

Kurzfristige Änderung

Am Wochenende vor dem Lauf wurde es plötzlich noch spannend: Das Start+Zielgelände am Eissportstadion stand (wegen eines Defekts?) von einem Tag auf den nächsten nicht mehr zur Verfügung. Wenn die Veranstaltung nicht ausfallen sollte, musste die Kerntruppe des Organisationsteams instantan einen neuen Ort finden! Dank sehr engagierter Mitarbeiter eines Bezirksamts konnte tatsächlich schnell ein Ersatz sehr nahe am Mauerweg gefunden werden, der im Wedding und somit nur wenige Kilometer vom ursprünglichen Start und Ziel entfernt lag. So weit so gut, doch damit ergab sich der berühmte Rattenschwanz an Folgeproblemen, die angegangen werden mussten: Die VP-Planungen verschoben sich um Stunden. Teils wurden aus kurzen morgendlichen VPs plötzlichen lange Nächte, die mit Schichtpersonal zu versehen waren. Die erstmals angebotene Wanderung würde statt 60 km gut 10 % länger (die Wanderstrecke wurde dann im letzten Teil vom Mauerweg abweichend auf einen direkteren Weg verändert, um halbwegs bei der Länge zu bleiben). Die Tracks mussten aktualisiert und hochgeladen werden, die lokale Umleitung ausgeschildert werden, zusätzliche Verkehrsgenehmigungen waren erforderlich, Busshuttles mussten neu geplant werden. Da die Wechselpunkte (WP) der Zweier- und Vierer-Staffeln an die festen großen VPs mit Dropbags gebunden sind, verschoben sich die zu laufenden Abschnitte erheblich (da das erste kurze Teilstück erheblich kürzer und das längste deutlich länger würde, wurde es den Staffeln letztlich komplett selbst überlassen, an welchem VP sie wechselten).

Volunteersarbeit

Für den Freitag vor dem Lauf hatte ich mich als Helfer für den Start+ Zielbereich angemeldet. Im Vergleich zum Eisstadion waren die Bedingungen deutlich anders und erforderten eine Menge Improvisation. Es gab nicht nur erheblich weniger Platz, sondern auch noch den normalen Betrieb eines lokalen Sportplatzes, der von Freitag bis Sonntag nebenher gewährleistet werden musste: Trainings und Wettkampfspiele, frei zu haltende Bereiche an Umkleiden, Toiletten und Spielflächen. So war spannend zu erleben, wie bei jedem Punkt immer wieder Unwägbares berücksichtigt werden musste. Egal was wo aufgebaut werden sollte, es war nicht die gewohnte Stelle und eine schnelle Alternative konnte vollkommen ungeeignet sein, weil ein kleines Rädchen im großen Getriebe nicht gleich vorhergesehen und einberechnet wurde. Als ich am späten Nachmittag zum Alexanderplatz fuhr um die Startunterlagen abzuholen und Pasta in mich hineinzustopfen (Danke für die schnelle Umbuchung des längst verpassten Timeslots!), hatte ich das Gefühl, das Zielgelände würde zwar nicht herausragend sein, aber die Mindestanforderungen erfüllen. Am nächsten Morgen vor dem Start sah es gleich viel besser aus, weil noch ein paar Anpassungen erfolgten und so viele Leute da und zufrieden waren. Beim Zieleinlauf war es einfach nur großartig!

Letzte Vorbereitungen

Die abendliche Vorbereitung bei meinem Bruder und Radbegleiter verlief fast routiniert; bei unserer Premiere 2021 waren wir deutlich aufgeregter und weniger organisiert. So waren die Fahrradtaschen schnell vorbereitet (dank zuhause gepackter Beutel) und auch die finalen Absprachen bald erledigt. Sogar eine kurze Abkühlung im Pool war noch drin. Mit eingecremten Füßen, abgeklebten Brustwarzen, angerührtem Haferbrei und bereit gelegten Klamotten und einer Schlaftablette im Magen legte ich mich planmäßig gegen zehn ins Bett. Die Nacht war recht gut für eine Nacht vor einem Lauf, das ist ohnehin weniger Schlaf als normal. Am Morgen hatte ich das Glück, dass -nach kurzem Fußweg zum Wachwerden- ein Bus direkt zum Start fuhr. Allerdings habe ich das Gelände erst nicht erkannt und bin eine Station zu weit bis zum S-Bahnhof Wollankstraße gefahren, doch es war noch genug Zeit.

Kleidungswahl

Wegen milder Temperaturen und guter Wetteraussichten trug ich nur das Volunteer-Shirt vom Mauerweglauf 2022, mein Favorit bei warmem Wetter. Dazu kamen Unterhose, Shorts, Zehensocken und Calves sowie anfangs Pulswärmer und Stirnband, später ein Basecap. Telefon mit Geldschein und Notfallausweis (Organspender) hatte ich in der neuen* linken Oberarmtasche, Brille, ein Riegel und den MP3-Spieler mit Kopfhörern in der rechten.

Mein Zeitplan

Mein Zeitplan für ein 24h-Finish war von einem Versuch von Michael Irrgang inspiriert und basierte auf einer reinen Laufgeschwindigkeit, die mit jedem Kilometer etwas abnehmen sollte, beginnend bei 7:00 min/km und endend bei gut einer Minute mehr je Kilometer. Zusätzliche drei Minuten Pause waren für jeden VP eingeplant sowie eine Stunde Puffer für Krisen, stärkere Wettereinflüsse und vermehrte Gehpausen in der finalen Phase. Eine laminierte Tabelle mit den VP-Positionen, deren Namen und Abstände und die jeweils geplanten Ankunftszeiten, der Einfachheit halber gerundet auf Viertelstunden, nahm ich für den ersten Streckenteil in der Hosentasche mit; für den weiteren Verlauf befand sich das entsprechend präparierte Blatt am Fahrradlenker. Ohne Armbanduhr zu laufen empfinde ich immer mehr als angenehmen Luxus. Bei diesem Lauf erfolgte der erste Zeitvergleich planmäßig nach etwa 20 km – mit einer Punktlandung.

Gemütlicher Start

Mit den letzten 20-30 Läufern startend war das geplante Anfangstempo gut umsetzbar, so ergab sich eine Zwischenplatzierung um 300 am ersten VP. Danach ging es bei lockeren Gesprächen langsam voran im Feld. Neben diversen bekannten und unbekannten Läufern war auch einer dabei, der permanent ging. Beim Anblick dieses „Wanderers“ meldete mein Gehirn, dass das Tempo ja wohl kaum hoch sein kann und ich da locker mithalten könnte. Während des sehr interessanten Gesprächs mit dem Ultrahiker Jannik Giesen klarte sich mein Irrtum immer mehr auf und ich liess ihn besser davon ziehen.
(Was Jannik über dutzende Stunden als Tempo zurücklegen kann, ist weit jenseits meines Leistungsbereichs. Er legt typisch 100 Meilen in der Woche zurück und hat beim Laufhaus Backyard im Juli mit 48 h = 322 km den zweiten Platz belegt, was zwei Buckles hintereinander entspricht! Den Mauerweglauf finishte er als Gesamt-Dreißigster in 19:40 h.)

Zwischenhoch

Das Wetter blieb zunächst nahezu perfekt mit sommerlich milden Temperaturen und teils bei leichtem Nieselregen, so das bis zum ersten großen WP in Hennigsdorf bei 29 km für mich alles recht locker lief. Im Vergleich zu meinem Zeitplan baute ich einen 15-minütigen Puffer auf und diesen langsam aus. Den Abschnitt kurz vor Hennigsdorf und bis Nieder Neuendorf hatten wir kürzlich bei der Heidi-Challenge in umgekehrter Richtung. An den Bereich um den Eiskeller habe ich kaum mehr Erinnerungen als jene, dass die ersten Staffeln überholten und die meisten Vierer dort ihre ersten Wechselpunkte hatten. Nicht viel später stiegen auch die Radbegleiter ein und so langsam wurde es sonnenklar und immer wärmer. Die meisten Fahrradbegleiter reisten ja mit S+U-Bahn an, wobei eine Anfahrt ab Bahnhof Spandau nach Westen zum VP 8 „Falkenseer Chaussee“ (47 km) empfohlen wurde. Da ich in dieser noch frühen Rennphase noch keine Probleme und keinen besonderen Betreuungsbedarf erwartete bzw. erhoffte, hatten wir bereits lange im Vorfeld abgemacht, dass mein Bruder von Spandau aus gleich Richtung Süden zum 6.5 km entfernten VP 9 „Karolinenhöhe“ fährt und dort auf mich wartet. Dadurch konnte er sich vormittags etwas mehr Zeit daheim nehmen und war nicht ganz so ewig im Sattel. Das galt nun noch mehr, da sich durch Verschiebung von Start und Ziel eine erheblich längere Begleitstrecke ergab (ca. 107 km). Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt war die erheblich einfachere Pärchenfindung auf dem schmalen Weg neben der Kleingartenanlage bei VP 9. Außerdem lenkten die gegenseitige Begrüßung und Berichte über den bisherigen Tagesverlauf vom etwas eintönigen Teilstück entlang der B2 ab. So war der berühmte VP 10 „Pagel & Friends“ (59 km) bald erreicht und das bekannte Highlight. Jeder Läufer wird dort namentlich begrüßt und das Buffet ist herausragend, Sonderwünsche werden erfragt und nach Möglichkeit erfüllt – auch musikalische, glaube ich. Bei dieser Ausgabe kam mir der VP allerdings noch etwas zu früh, um ihn mit längerer Pause angemessen zu würdigen. Etwas Melone, ein paar Salzstangen sowie eine Kartoffel genügten, dann ging es weiter Richtung Altglienicker See mit der etwas anstrengenden Ortsquerung auf dem teils schmalen Fußweg und nach Sacrow über hügelige Abschnitte, die mir -Heidi sei gedankt- noch gut in Erinnerung waren und vielleicht auch daher recht leicht fielen. Am WP 2 (VP 11) beim Schloss Sacrow (66 km) hatte ich wie am WP1 keinen Dropbag hinterlegt, da der Wechsel auf Nachtkleidung und Beleuchtung nach dem aktualisierten Zeitplan erst beim WP 3 in Teltow erfolgen sollte und dank Radbegleitung noch genug Lebensmittelvorräte und notfalls auch Wechselsachen zur Verfügung standen. Deshalb war auch hier nur eine kurze Pause von wenigen Minuten angesagt. Im ursprünglichen Zeitplan war noch vorgesehen, eine Ersatz-Stirnlampe und eine Reflektorweste in die Radtasche zu packen für den Fall, dass WP3 erst nach 21 Uhr erreicht wird.

Hitze und Reibestellen

Ab dem Schlosspark Sacrow geht es bis zur Halbzeit an der Glienicker Brücke etwa 15 km mehr oder weniger am See entlang, obwohl die Luftlinie kaum mehr als einen Kilometer beträgt. Erneut war ich froh, diesen Abschnitt dank Heidi-Challenge gut zu kennen. Es war inzwischen ein schwülwarmer Sommernachmittag und der Schweiß schien besser zu laufen als wir Läufer. Jede Kühlung war willkommen, doch gerade hier folgten einige sonnige Abschnitte. Vereinzelt boten Anwohner ihre Gartenspritze als Duschbrause an. Ich wässerte mein Shirt und zog es wie Halstuch mit freiem Oberkörper oder -besonders schräg- nur über eine Schulter an. Später sollte ich feststellen, dass feuchte Sachen auf salzbeschichteter und empfindlicher Haut besonders gut reiben: Gerötete und wunde Stellen gab es dort, wo das nasse Shirt auflag, wo der laminierte Zeitplan in der Tasche überm Hintern auf meinem unteren Rücken rieb, und wo die Laufhose am Oberschenkel endete. Das alles wurde übertroffen vom linken Oberarm. Es gibt ja heutzutage nichts ohne 20-seitiges Handbuch! Auch eine Oberarmtasche für Handys braucht zwingend so ein Anhängsel, in dem in mehreren Sprachen steht, dass man es nicht bügeln, essen oder heiß waschen soll. Leider hatte ich diese Schnipsel nach dem Kauf am Freitag noch nicht entfernt und durfte im Tagesverlauf erleben, wie gut sich auf verschwitzter Haut erst rote Stellen und dann aufgeriebene Wunden bildeten, die teils unangenehm Flüssigkeit absonderten und heftig schmerzten.

Auf dem Königsweg nach Teltow

Hinter der Glienicker Brücke wartete eine kurzfristig angekündigte Überraschung: Werner Hanke begrüßte uns! Das angebotene Bier musste ich zwar ablehnen, die Limo schmeckte dafür um so besser. An der Brücke war in diesem Jahr die erste Streckenhälfte absolviert und das von mir 30 min früher als nach den im Marschplan ausgewiesenen 11 Stunden. Das zusätzliche Zeitpolster gab mir die beruhigende Gewissheit, dass mein Ziel wirklich zu schaffen sein würde, und reichlich Motivation, mit Ruhe und Optimismus weiter zu laufen. Hinzu kam das Wissen, kurz nach VP 14 „Gedenkstätte Griebnitzsee“ (85 km) auf den langen Königsweg einzubiegen, der sich zwar bis zum VP 15 sehr hinziehen und wie immer überraschend wellig sein würde, aber im Düppeler Forst und damit im Schatten liegt. Die sonnige Hitze sollte damit überwunden sein und damit einer der kritischen Punkte. Natürlich war es noch sehr weit bis zum Ziel und es konnte noch sehr viel passieren. Aber als ich 19 Uhr am WP 3 (VP 15, 98.2 km) in Teltow ankam, war ein wesentlicher Meilenstein erreicht: Nun waren es „nur“ noch etwas über 60 km, die dank bald einsetzender Dunkelheit ohne Hitze zu absolvieren waren und ich hatte für das große Ziel noch fast 11 h Zeit! Das waren 30 min mehr als im Zeitplan, der ja auch noch den einstündigen Puffer hatte. Zum ersten Mal gönnte ich mir eine längere Pause, setzte mich in der Teltower Turnhalle auf eine dicke Matte und ließ mich nach hinten fallen. Es sollte nur ein kleines „Powernapping“ sein, teilte ich meinem Bruder zur Beruhigung mit. Mit den Füßen auf dem Hallenboden schloss ich meine Augen und hörte die aufputschende, laute Musik in der Halle. Als ich nach ein paar Songs wieder die Augen öffnete, meinte mein Bruder, zwischendurch wäre eine junge Frau vorbei gekommen und hätte nach einem Blick auf mich gefragt: „Is he still alive?“ Das war Xuehe Jiang aus Hamburg, die mit mir beim FDZU längere Strecken um Zingst und auf dem Strandabschnitt zusammen gelaufen war. Sie hatte mich bereits erkannt und gegrüßt, als sie an einem VP auf ihren Staffelpartner wartete. In der Halle hatte ich sie bei meiner Ankunft gesehen, aber weil sie offensichtlich gerade gefinished hatte, wollte ich sie erst einmal zu Atem kommen lassen. Nun war sie leider bereits aufgebrochen und auch für mich war es Zeit, wieder auf die Beine zu kommen. Zunächst wollte ich wie üblich mit Essen und gefülltem Trinkbecher in der Hand losgehen und erst dann anlaufen, wenn alles weitgehend vertilgt wäre. Aber etwas war anders: Mir war plötzlich kalt! Der Körper hatte in den rund 20 min Pause seine Dauerleistung weit heruntergefahren und die Außentemperaturen lagen nur noch um 20 Grad. Das stellte sich als zu wenig für meine Sommerbekleidung heraus und es fehlte nicht mehr viel zum Schüttelfrost. Um diesen zu vermeiden, trabte ich los. Innerhalb der wenigen hundert Meter bis zum Marktplatz, an dem die Walker starteten (geniale Idee, das an diesem schönen Platz zu machen und gleichzeitig den Turnhallenbereich nicht zu überlasten!), wurde mir wieder wärmer. So ging es ohne zusätzliche Jacke, die auch gerade nicht verfügbar war, da mein Bruder endlich auch mal eine Pause haben sollte und ich ihn ermuntert hatte, noch ein wenig und möglichst in Ruhe zu essen und erst im Laufe der nächsten Kilometer aufzuschließen.

Ein langes Finale

Der folgende Abschnitt am Berliner Südrand bis Rudow war von der einsetzenden Dunkelheit geprägt. Bei den nun moderaten Temperaturen ging es teils recht angenehm auf wenig anspruchsvollen Postenwegen gut voran, teils gab es aber recht schmale Trampelpfade im Wald. Was oft als Single-Trail romantisiert wird, war für die Fahrradbegleiter eine echte Herausforderung und erschöpfte die Läufer zumindest auch mental ganz erheblich. Spätestens in diesem Bereich wünschte ich mir wieder etwas Musik vom Begleitrad, aber dafür notwendige Ausrüstung hatten wir nicht dabei. Kurzzeitig blieb ich mal an einem (Staffel-?)Läufer dran, dessen Radbegleitung eine musikalische Unterstützung bot. Erinnern kann ich mich nur, dass es zwar überhaupt nicht mein Musikstil war, das jedoch völlig egal und sehr willkommene Abwechslung war. Irgendwann ging es dann in die Stadt und der VP 20 in Rudow war erreicht.

Den nun folgenden, vermeintlich ewig langen Abschnitt neben dem Teltowkanal links und der Autobahn A113 rechts habe ich stets auf meiner Liste besonderer mentaler Herausforderungen. Sicherlich war es auch dieses Mal nicht leicht, aber wir hatten das große Glück, gefühlt immer zusammen mit anderen Läufern zu laufen. Es war keine feste Gruppe, aber stets war jemand in der Nähe, machte mal kürzere oder längere Gehpausen, überholte oder wurde überholt. So war für Abwechslung und Motivation gesorgt, wenngleich die Zeit für tiefschürfende Gespräche längst vorbei war. Nun wollte jeder nur noch ins Ziel kommen. Doch am Dammweg (VP 22), an dem ich vor zwei Jahren selbst die ganze Nacht über stand und dessen Standort wir bei der Heidi-Challenge ebenfalls passierten, war noch immer mehr als ein Halbmarathon zu bewältigen! Zunächst mussten wir durch die Partyzone Neuköllns, von der ich beunruhigende Dinge gehört hatte. Am Ende war es recht harmlos: In der Heidelberger und der Harzer Straße war wenig Party, den langen dunklen Park am Wiesenufer und Schlesischen Busch passierten wir „kontaktfrei“ und auf der Schlesischen Straße lief ich vor meinem Begleitrad auf dem (neuen) breiten Radstreifen und entging so der Party auf dem Bürgersteig. Auch an der morgens um drei Uhr immer noch gut besuchten East Side Gallery war der Radweg die logische Wahl, für meinen Bruder allerdings in der falschen Richtung. Wenig später fragte uns jemand, was wir denn hier machten. Um diese Uhrzeit wird wohl jede Antwort, die eine sportliche Betätigung beinhaltet, als verrückt eingestuft. Ob es sich um „so etwas wie ein Marathon“ handelt wie vermutet oder halt um fast das Vierfache, spielt dabei keine Rolle.
Bei mir stellte sich spätestens am Checkpoint Charlie (VP 24) langsam das Gefühl ein, dass wir nun gleich da sind. Doch es ging ja nicht wie üblich „nur noch“ durchs Regierungsviertel bis zum Erika-Hess-Eisstadion, sondern Straße für Straße weiter und weiter auf einem langen Weg über Gartenstraße und Bernauer Straße hoch Richtung Jahnsportpark, dann über die lange Fußgängerbrücke am Gesundbrunnen und unter der Bornholmer Straße durch, bis wir endlich Richtung S-Bahnhof Wollankstraße schwenken und kurz hinter diesem vom Mauerweg abbiegen konnten zum nun sehr nahen Ziel. Der Zieleinlauf war ein Hochgenuss, mit einer kleinen aber langen Gasse geformt aus Kugelleuchten und dem anschließenden Weg auf dem roten Teppich! Geschafft und superglücklich kam ich mir vor, als würde ich noch total locker sein. Das war sicher nicht der Fall, doch es fühlte sich nicht nach der totalen Erschöpfung an, nach welcher der Körper völlig austicken könnte. Wie sich bereits in den letzten Stunden des Laufs immer mehr abzeichnete, war das selbst gesetzte Ziel mit reichlich Zeitreserve geschafft!

Geschafft!

Wie zu erwarten, strömten trotz des relativ gering gefüllten Zielgeländes sehr viele Eindrücke auf mich ein: Hier das Zelt mit meinem Gepäck, dort etwas zu essen und trinken, dann weitere Mitstreiter der letzten Stunden, die ebenfalls eintrafen. Ich fand kaum Zeit, meinem Bruder zu danken, der inzwischen eine Suppe gegessen und sich auf den Heimweg gemacht hatte. Plötzlich war auch Franz da, den hatte ich beim Einlauf gar nicht bemerkt! Wie viel Glück wir noch mit dem Wetter hatten, stellte sich anhand des nass gewordenen Zielgepäcks heraus, denn am Samstagabend waren im Berliner Nordosten alle von enormen Regenmassen überrascht worden, von denen wir im Süden überhaupt nichts ahnen konnten. Das ging leider viel zu schnell für die Helfer im Zielbereich und so konnten sie hunderte zuvor akkurat angeordneter Beutel nicht mehr rechtzeitig ins Trockene retten. Manch einer musste deshalb mit seinen Laufsachen nach Hause oder ins Hotel fahren, um dort zu duschen und sich mit trockener Kleidung zu versorgen. Vermutlich wird das teils sehr ärgerlich gewesen sein, doch ich hörte definitiv niemanden klagen. Mir selbst kam eine (eigentlich untypisch) sorgfältige Planung zugute, denn ich hatte ja daheim eine Plastiktüte mit dem Zielgepäck gepackt und diese direkt in den vom Veranstalter gestellten Beutel getan. So wurde nur ein Unterhemd nass, das optional als Startkleidung eingeplant war und erst unmittelbar vor dem Start in den Beutel wanderte. Nasse Dropbags und Zielgepäck sind natürlich für einen Veranstalter eigentlich ziemlich peinlich. Doch da möchte ich unbedingt daran erinnern, dass es hier ein Provisorium gab und im vorgesehenen Eisstadion ganz andere Platzverhältnisse zur Verfügung stehen. Trotzdem lautet eine Lektion des Laufs, dass man seine Sachen in Dropbags lieber noch zusätzlich in regendichten Beuteln verstauen sollte (zumindest, wenn die lokalen Begebenheiten nicht genau bekannt sind!). In den Umkleideräumen lagen auf dem Boden einige Läufer in Schlafsäcken, die wohl für diese Nacht kein Hotelzimmer gebucht hatten und nun versuchten, Ruhe und Schlaf zu finden. Die Duschen waren schön warm und es war genügend Platz, so dass wir uns dort umziehen konnten. Auf den ersten Bus musste ich leider einige Zeit warten (wer zu früh ankommt, den bestraft das Leben halt auch manchmal…) und ging noch mehrere Haltestellen weiter, da ja sonst nichts zu tun war. Die S+U-Bahnen fahren am Wochenende zwar auch nicht durch, aber viel länger und haben stets Nachtlinien als Ersatz – insofern ist auch das am Eisstadion wohl eher kein Problem.

Die Siegerehrung am Nachmittag im H4 Hotel war eine schöne Veranstaltung, bei der ich dem wohl etwas überraschten Rainer Eppelmann dankte, dass er 1990 in seiner ersten Amtshandlung als DDR-Verteidigungsminister den Befehl gab, dass nun jeder Zivildienst leisten durfte. Unsere Kompanie war innerhalb drei Wochen nach Bekanntgabe weg ins nützliche Leben.

Fazit

Eine Schlussfolgerung stellte sich im Laufe der nächsten Wochen und Monate ein: Eine solch umfangreiche Vorbereitung wird nicht mehr oft möglich sein. Ich habe mir selbst gezeigt, dass ich es kann, die 100 Meilen innerhalb 24 h zu absolvieren, doch es hat enormen Aufwand gekostet. Zu schnelleren Zeiten ist nicht mehr viel möglich; eine Viertelstunde oder vielleicht ein paar Minuten mehr sind immer drin, doch bei etwas ungünstigeren Rahmenbedingungen bezüglich Wetter, Blasen, Magenproblemen oder dergleichen kann es auch schnell mal eine halbe oder ganze Stunde länger dauern. Deshalb glaube ich aktuell nicht, dass ich mir noch einmal eine solche Zeit vornehmen werde. 2025 steht die Back-to-back-Medaille auf dem Plan, aber dazu muss ich den Mauerweglauf nicht unbedingt in 24 h finishen, wenn der Cutoff bei 30 h liegt. Es ist ein wunderbar organisierter Lauf, ein eher leichterer Hundertmeiler wegen der wenigen Höhenmeter, der vielen Verpflegungspunkte, der hervorragenden Ausschilderung, der vielen Mitläufer, der möglichen Radbegleitung und begeisternder Helfer an der Strecke. Ich hoffe und plane, noch oft Mitte August nach Berlin zu kommen, sei es als Läufer oder als Helfer.

Alles wie am Schnürchen – Rund gelaufen

Werderseelauf 2025 in Bremen eine schöne Angelegenheit

Mitte März habe ich meine persönliche Winterlauf-Serie mit einem guten Gefühl abgeschlossen. Nachdem ich im Januar beim Ufer-Trail nicht optimal vorbereitet und im Februar von den winterlichen Verhältnissen etwas überfordert sehr überschaubare Zeiten über jeweils 51 bzw. 49 km geliefert hatte, reiste ich trotzdem guter Dinge nach Bremen zum Werderseelauf an. Waren doch die Wetteraussichten diesmal sehr gut und die Aussicht auf einen Rundenlauf á 8,33 km mit tatsächlich 3 (!) VPs versprach auch einen entspannten Lauf.

Ich hatte mich im Vorfeld wieder entschlossen, mit dem Zug anzureisen und auch ein Hotel direkt am Bahnhof gebucht. Die besten Voraussetzungen also, ausgeruht am Sonntag den 50 km-Ultra zu bestreiten. Zudem kam, dass ich im Internet ausnahmslos nur sehr gute Feedbacks zu den vergangenen Veranstaltungen des Werderseelaufs gelesen hatte.

Angekommen in Bremen bezog ich gleich das Hotel und machte mich zu Fuß auf den Weg zur ca. 5 km entfernten Startunterlagenausgabe am Wehrschloss. Dachte ich mir doch, dass nach der Zugfahrt es auf jeden Fall gut wäre, sich noch etwas zu bewegen. Ich folgte also meinem Fußgänger-Navi auf dem Handy durch Bremen und lief schnurstracks direkt zum Fußball-Stadion, wo noch die letzten Minuten der Bundesliga-Partei SV Werder Bremen – Borrussia Mönchengladbach gespielt wurden. Ich kam direkt in den Gegenverkehr von Tausender Fussballfans und kämpfte mich gegen den Strom an. Als ich dann im Paulaner am Wehrschloss ankam erhielt ich meine Startunterlagen und hatte danach noch etwas über eine Stunde Zeit zur gebuchten Pasta-Party um 19 Uhr.

Ich nutzte die Zeit, um die Gegend zu erkunden und entdeckte ein wundervolles Naherholungsgebiet direkt hinter dem Wehr.

Es war ein schöner Spaziergang und ich kam pünktlich um 19 Uhr zur Pasta-Party zurück. Dort waren schon Mona und Patrick da und wir teilten unser Läufer-Latein. Die Pasta-Party war abweichend von meinen bisherigen Erfahrunen erfreulich klein und überschaubar. Wir waren insgesamt ca. neun Teilnehmende, die sich für unterschiedliche Distanzen stärkten. Hatten Mona und Patrick vor, am nächsten Tag die 25 km zu laufen, war Patrick hingegen vor seinem ersten Marathon sehr aufgeregt und wir hatten uns alle sehr viel zu erzählen. Frisch gestärkt bewältigte ich auch den Rückweg ins Hotel zu Fuß und hatte keine Probleme damit , frühzeitig in den Schlaf zu kommen.

Am nächsten Morgen sparte ich mir den Fußweg und wählte luxuriös die Anfahrt mit dem Taxi. Ich hatte noch genug Zeit bis zum Start und konnte mich entspannt auf den Lauf einlassen und machte mich mit der Situation und der Umgebung vertraut.

Punkt 08:45 ging es dann für uns Ultras los und ich machte mich mit der ersten Runde vertraut. Durfte ich doch diese nun insgesamt sechs Mal umrunden. Ich hatte mir vorgenommen, die 50 km in etwa 06:30 Stunden zu absolvieren und konnte die ersten vier Runden sogar mit eine Durchschnitts-Pace von knapp unter 7 Minuten pro km halten, was meine Erwartungshaltung deutlich in die Höhe schraubte und ich mit einer Gesamtzeit von unter 6 Stunden liebäugelte. Die 5. Runde holte mich dann aber wieder auf den Boden der Realität und meines Leistungsvermögens zurück. Letztendlich kam ich dann nach 50 km mit einer Zeit von 06:03:47 Stunden stolz wie Bolle ins Ziel.

Insgesamt war der Werderseelauf eine wirklich runde Angelegenheit. Vor allem die Organisation und die sehr gute Betreuung und Versorgung auf der Strecke war außergewöhnlich gut. Ich werde auf jeden Fall wiederkommen.

Cool Running – Aus PaUL wird PaULchen

Ein echt winterharter Ultralauf von Bad Muskau nach Cottbus

Am 14.02.2025 machte ich mich mit mulmigen Gefühl auf den Weg nach Cottbus. Hatte es doch in den letzten Tagen in Berlin viel geschneit und in der Lausitz war die Situation ebenfalls so. Insofern war ich mir recht sicher, dass ich wohl meinem ersten „echten“ Winterlauf absolvieren würde und hatte meine Goretex-Trailschuhe, die ich schon länger nicht mehr getragen hatte, dazu auserkoren, mich trocken durch dieses Wetter zu bringen.

Cottbus zeigte sich in winterlicher Pracht. Kein Wunder, war es doch in den letzten Tagen extrem kalt geworden und zudem hatte es in der Lausitz noch kräftiger geschneit als in Berlin. Ich hatte mich mit Sari verabredet, die ich mit der Aussicht auf „finnische Verhältnisse“ zur Anreise aus Finnland und Teilnahme am PaUL 50 damit überreden konnte. Wir trafen uns zum Abendessen und verabredeten uns für den nächsten Morgen um gemeinsam dann zum Treffpunkt am Sportheim der SV Eiche/Branitz zu fahren.

Aufgrund der obig beschriebenen Witterungsverhältnisse hatten die Veranstalter, Almuth und Aldo, entschieden, dass wir auch beim letzten VP 3 nach 49 km bereits aussteigen könnten und damit eine zusätzliche Wertungsmöglichkeit geschaffen: den PaULchen. Es wurde von allen begeistert aufgenommen.

Los ging es dann wie früher auch beim Luwig-Leichhardt-Trail mit dem Bus Richtung Bad Muskau. Wie immer war eine prächtige Stimmung im Bus und es wurde wieder viel Läufer-Latein geteilt. Angekommen in Bad Muskau ging es dann die letzten Meter zur Fuß in den Schloßpark und dort direkt zum Schloß.

Pünktlich zum Start setzte ein prächtiges Schneetreiben ein und ich fühlte mich wie in so einer Spielzeugglaskugel, die durch kräftiges Schütteln im Inneren ein ebenso märchenhaftes Schneetreiben erzeugt.

Im Park war der Untergrund teilweise geräumt aber auch glatt und ich musste erst einmal ein Laufgefühl entwickeln. Es kam ja auch hinzu, dass ich mit den Schuhen recht lange und vor allem bei diesen Verhältnissen nicht gelaufen war. Nach einer kurzen Einlaufphase kam ich dann doch in meinen Rhytmus. Wir hatten mittlerweile den Park verlassen und liefen nun abseits der Straßen auf Waldwegen und Pfaden teilweise durch ca. 15 cm unberührten Schnee. Da ich ein langsamer Läufer bin und stets am Ende des Feldes anzutreffen bin, profitierte ich dadurch glücklicherweise, dass die Vorlaufenden bereits den Weg etwas „geebnet“ hatten.

Der erste VP war dann bei km 20 an der sächsisch-brandenburgische Landesgrenze erreicht. Ich war zu dem Zeitpunkt an der Spitze des letzten Viertels des Feldes und Aldo begrüßte mich mit den Worten „Du schon? Willst wohl wieder Deine Altersklasse wie beim Mad Chicken Run gewinnen?“. Ich wusste aber, dass ich – wie immer – in der zweiten Hälfte wieder einbrechen würde. Ich werde einfach nicht schlauer ….

Es ging also weiter und ich kam etwas später am Apostelbrunnen im Reuthener Park an. Dort war ein Kontrollpunkt eingerichtet worden, um Abkürzungen vorzubeugen. Es sollte dort ein Stanzgerät vorliegen, mit dem man dann die Startnummer markieren sollte. Leider war das Gerät nicht mehr funktionsfähig und so behalf ich mich nach einigen vergeblichen Versuchen mit einem Beweisfoto:

Die längere Verweildauer am Apostelbrunnen führte dazu, dass (fast) alle hinter mir Laufenden auch dort eintrafen und ich freute mich, dass ich etwas Gesellschaft hatte.

Es kam wie immer, was aber auch kein Problem für mich war. Mit der Zeit wurde ich extrem langsamer und ich ließ alle ziehen. Es war ja für mich am Morgen schon klar, dass ich die Option „PaUlchen“ ziehen würde. Nun wurde das aber immer konkreter und ich freundete mich auch damit an. Kurz nach dem VP 2 bei km 40 schloss dann noch Michael mit mir auf und wir absolvierten gemeinsam die restlichen Kilometer bis zum VP 3. Dort angekommen erklärten wir feierlich unseren Willen die vorzeitige Option zu ziehen und bewältigten die letzten Kilometer bis zum Sportheim gemächlich zu Fuß.

Dort war dann die große Siegerehrung und das gemütliche Beisammensein. Es gab viel zu erzählen und ich konnte noch eine Mitfahrgelegenheit ergattern.

Die letzten Kilometer waren auch deshalb sehr kurzweilig, weil Michael und ich uns gut unterhielten und ich viele interessante Infos zu meinem Ziel erhielt: Das Erreichen des 100 Marathon Club. Voraussichtlich werde ich dieses langgehegte Ziel im kommenden Jahr erreichen, wenn alles gut läuft.

Alles in allem ein gelungener Winter-Ultra und sehr liebevoll und läufergerecht vom gesamten Organisationsteam vorbereitet und durchgeführt. Ich freue mich schon auf die nächste Auflage in 2026 🙂

Gut gelaufen – Ufer Trail 2025

Ein kommunikativer Lauf durch die Potsamer Kultur- und Naturlandschaft

Am letzten Samstag im Januar war ich wie im Vorjahr zum zweiten Ufer Trail von Antje eingeladen, worüber ich mich sehr freute. Hatte ich doch diese Veranstaltung vor allem aufgrund der sehr famliären Atmosphäre und der abschließenden Läufer-Party in überaus guter Erinnerung.

Ich fühlte mich auch – anders wie im Vorjahr – auch besser vorbereitet, da der Start ins neue Jahr und meine zurückliegendeen Trainingsumfänge im Januar deutlich besser waren. So machte ich mich dann frohgemut auf den Weg nach Potsdam-Babelsberg. Erfreulicherweise war ver.di auch so freundlich und hatte den Warnstreik auf den darauffolgenden Montag gelegt. Letztes Jahr streikte noch die S-Bahn und ich erinnere mich mit Schrecken an die Odysee meiner Anreise mit den BVG-Bussen. Das blieb mir diesmal erfreulicherweise erspart.

Mein Plan war, langsam loszulaufen und etwa eine halbe Stunde schneller zu sein als wie im Vorjahr. Es begann wie letztes Jahr: Kaum war der Start freigegeben, liefen alle sehr flott Richtung Babelsberger Park und ließen auch dort nicht mit dem Tempo nach. Vorbei am Flatow-Turm, der Gerichtsbaude und am Babelsberger Schloss – hoch und runter. Ich versuchte, zumindest noch Blickkontakt zu halten. Hatte ich doch vor, nicht wie letztes Jahr nach dem Glienicker Schloss dann am Schäferberg den Einstieg in den Düppeler Forst zu verpassen. Das gelang mir recht leidlich und ich war dann sehr froh. Ich folgte dann dem wirklich sehr guten Track, den Antje uns zur Verfügung gestellt hatte und kam nach 10 km und Überquerung der Stolper Berge mit einer Durchschnitts-Pace von 06:40 Min./km am ersten VP gegenüber der Pfaueninsel als letzter Läufer an – nach meinem Geschmack viel zu schnell … Aber egal, was solls: Non Stop Ultra!

Angekommen an der Glienicker Brücke ging es dann durch den Neuen Garten und vorbei am Marmorpalais. Nach einer kurzen Passage durch Potsdam und vorbei am Hauptbahnhof führte die Route dann in den Schlosspark Sanssouci schnurstracks direkt zum Schloss Sanssouci, wo wir die Freitreppe erklimmen durften. Direkt dahinter stand das erste von zwei Pflichtfotos an, welche wir machen mussten, die Holländische Mühle. Von dort ging es dann durch den Park weiter zum Neuen Palais, einmal drum rum und direkt durch das dahinterliegende Triumphtor. Dort mal kurz innehalten um 180 Grad drehen und das Neue Palais durch das Tor hindurch fotografieren. Geschafft: Das zweite Pflichtfoto und ich war erleichtert, dass ich beide in der Tasche hatte …

Erleichtert verließ ich den Schlosspark und folgt weiter dem Track und kam bei km 26 am VP 2 an. Dort traf ich dann Jörn, der sich dort verpflegte und wir setzten den Lauf gemeinam fort. Nun begann es auch sehr kurzweilig zu werden und ich freute mich, Gesellschaft zu haben. Wir unterhielten uns prächtig und spulten Kilometer für Kilometer ab. Am Templiner See entlang vorbei an Geltow kamen wir an der Fähre von Geltow nach Caputh am VP 3 bei km 35 an. Die VPs waren überhaupt prächtig organisiert und hielten alles bereit, was von Ultra-Läufern geschätzt wird. Auch die Helfer an den VPs waren super und ohne diese Enthusiasten würde so eine Veranstaltung auch gar nicht funktionieren. Am VP kam dann auch noch mein Ultra-Freund Werner mit dem Fahrrad vorbei – wir hatten uns verabredet – und wir hatten gemeinsam viel Spaß.

Leider war uns die Fähre verwehrt und wir liefen einen 1,5 km langen „Umweg“ um nach Caputh zu kommen. Über das nervige Kopfsteinpflaster (jedenfalls für mich) ging es dann durch Caputh, am Einstein-Haus vorbei und wieder in den Wald Richtung Templiner Vorstadt, wo uns der letzte VP erwartete. Jörn und ich waren mit einigem Abstand die letzten Läufer und es war super, dass die Helfer am VP noch auf uns warteten. Frisch gestärkt ging es dann von dort noch die letzten 4 km zurück nach Babelsberg zu Anja und wir erreichten bereits bei einbrechender Dunkelheit glücklich und geschafft als Letzte das Ziel.

Wo dann der gemütliche Teil des Tages begann: Die urgemütliche und überaus familiäre Läufer-Party 🙂 Es gab viel zu erzählen und vor allem Läufer-Latein ohne Ende …. Antje hatte sich wieder viel Mühe gegeben, vor allem die selbstangefertigte Finisher-Medaille und die Urkunde war der Hit!

Das war ein guter Start ins Ultra-Jahr und vor allem ein sehr kommunikativer Lauf. Ich werde sicherlich mit Jörn noch das ein oder andere Trainingsläufchen verabreden.

Burgenlauf

Der Burgenlauf in Bad Belzig

Der Burgenlauf in Bad Belzig war für mich eine kleine neue Herausforderung. Leider verlief meine Laufsaison aufgrund von körperlicher Beschwerden schwierig, sodass ich nicht wirklich fit in diesen wunderschönen Naturlauf gestartet bin.

Das Schöne war und darüber habe ich mich am meisten gefreut, Franz und ich bestritten für dieses Jahr endlich mal wieder einen gemeinsamen Lauf und das habe ich wirklich sehr vermisst. Irgendwie verlief dieses ganze Jahr sowieso etwas merkwürdig und selbst die sonst immer festen Termine mit Franz, sich zu treffen und gemeinsam einen Long Run zu bestreiten, fielen aus. Aufgrund von beruflicher Umstrukturierungen konnten wir uns nicht so oft sehen. Aber für mich war dieses Jahr sowieso einfach nur mal wichtig, einen erfolgreichen Ultra für 2024 auf meine Liste schreiben zu können. Und ja, ich habe es total vermisst mit Franz gemeinsam mal wieder zu laufen und einfach die Zeit zusammen zu genießen, wie wir es ja auch schon die letzten Jahren so toll absolvierten.

Wie gesagt ich war überhaupt nicht fit und für mich war ja auch schon der Berlin-Marathon eine kleine Herausforderung und ich dachte mir, wenn ich den Marathon gemeistert habe, schaffe ich auch noch den Burgenlauf. Vor allem weil die Cut-Off Zeit von 6h auf 7 h erweitert wurde. Auch für Franz war es eine Riessenherausforderung, da er ja zwei Wochen zuvor einen Wettkampf erfolgreich absolvierte. Zum einen war es der Berlin-Marathon und zum anderen ist Franz zwei Wochen vor dem Berlin-Marathon, auch noch den Mad Chicken Run in Cottbus gelaufen, was natürlich auch für ihn eine Riesenleistung war.

Schon die Anfahrt war für uns beide eine kleine Herausforderung, da es aufgrund von Starkregen sehr ungemütlich zu fahren war, dazu kamen leider noch einige Sturmböen die unsere Fahrt nach Bad Belzig schon etwas erschwerten. Gott sei Dank kamen wir zeitlich früh genug an und konnten uns auch noch ohne Stress umziehen und startklar machen. Das Tolle war, dass sich Franz den Track auf seine Uhr heruntergeladen hatte und wir uns auch somit keine Sorgen machen mussten, dass wir uns verlaufen würden.

Wie von Franz versprochen, war die Strecke sehr abwechslungsreich und wirklich ein wunderschöner Naturlauf. Auch trotz des Sturmes am Morgen hatten wir Glück gehabt und es gab kaum umgestürzte Bäume oder irgendwelche Äste die die Strecke blockierten. Das einzige was wirklich anstrengend war und wirklich viel Kraft gekostet hat, war das Laufen gegen den starken Gegenwind. Natürlich lief es so wie immer mit Franz. Wir liefen größtenteils nach Körpergefühl und wussten eigentlich ganz genau, was wir da machten. Die VP`s waren wirklich sehr klein aber fein mit ganz tollen Ehrenamtlichen, die sich freuten, uns anfeuern zu können. Die Streckenmarkierungen waren wirklich sehr gut ersichtlich, man musste wirklich keine Bedenken haben, sich irgendwie verlaufen zu können. Das Lustige war wirklich , das wir beide ca. 300m vor dem Ziel eine falsche Abbiegung genommen haben und nicht die Originalstrecke ins Ziel genommen haben, aber auch das nahmen wir einfach mit Humor und freuten uns sehr, einen weiteren Ultra für dieses Jahr gefinisht zu haben und waren natürlich überaus glücklich.

Im Ziel erwarteten uns noch zwei Freunde. Der liebe Werner und der Kalle. Schlussendlich war der Tag perfekt und wir waren beide sehr zu frieden.

Mad-Chicken-Run 2024 – mein erster 24 Stunden-Lauf – eine Offenbarung!

Mitte September nahm ich an meinen ersten 24-Stunden-Lauf in Hänchen (ohne h in der Mitte) bei Cottbus teil. Aufmerksam geworden war ich auf diesen Lauf aufgrund der Finisher-Shirts der Vorjahre, die ich bei diversen anderen Laufveranstaltungen zur Kenntnis nahm. Außerdem war beim ersten Ufer-Trail – veranstaltet von Antje Knobloch im Januar – auch Peter vom Mad-Chicken-Run mit dabei und verteilte Flyer. Da war mein Plan geboren, mich für dieses Jahr anzumelden.

Ich hatte ja schon von meinen 100-Meilen-Teilnahmen gewisse Erfahrungen, da ich da jeweils deutlich über 24 Stunden unterwegs war, war aber dennoch gespannt, wie mir ein solches Format bekommen würde.

Am Vortag machte ich mich mit Werner auf den Weg und wir waren wieder mit Ralf und David verabredet. Somit war die Vierer-Combo vom FDZU wieder komplett. Es schüttete wie verrückt bei unserer Ankunft und der Veranstaltungsort hatte Ähnlichkeit mit dem Festivalgelände von Wacken: alles voller Schlamm. Unsere große Hoffnung war, dass die Wetteraussichten für Samstag und Sonntag Besserung versprachen. Es sollte trocken bleiben. Trotzdem hielt der Starkregen bis in die Morgenstunden an und es wurde eine feuchte Nacht in meinem Wurfzelt von Lidl …..

Am nächsten Morgen war die Strecke tatsächlich abgetrocknet und gut laufbar. Die 2-Kilometer-Runde war erstaunlich abwechslungsreich. Neben Asphalt gab es auch eine Stück Waldweg mit Wurzeln und einen Feldweg neben einem Maisfeld. Für Abwechslung war also gesorgt und ich lernte es zu schätzen.

Punkt 10 Uhr vormittags ging es dann am Samstag los. Ich hatte die entspannte Runde gewählt, wo ich am Ende der Runde jeweils einen kurzen Ausblick auf die Trail-Runde auf der Motocross-Bahn hatte und erahnen konnte, welche Herausforderungen dort warteten. Es ging dort immer auf und ab und jede Anhöhe hatte von den Veranstaltern sogar ein Gipfelkreuz verpasst bekommen. Es ist an dieser Stelle auch die detaillierte und liebevolle Organisation der Veranstalter zu erwähnen, welche wir in den beiden Tagen genießen durften.

Ich lief also los und spulte Runde um Runde ab. Mit der Zeit fühlte mich immer wohler. Als Lebens- und Genußläufer weiß ich mittlerweile Routinen und Rituale immer besser zu schätzen und war in meinem Element. Ich hatte mir auch keine wirkliche Strategie zurecht gelegt und nur meine Erfahrungen von den 100 Meilen in Berlin und den Bieler Nächten. Als Minimalziel hatte ich mir die Mindest-Distanz von 30 Runden (60 km), um in die Ergebnisliste zu kommen, gesetzt. Das nächste Ziel sollte dann eine dreistellige Kilometerzahl werden und als Optimalziel liebäugelte ich mit 60 Runden (120 km). Also lief ich einfach weiter und weiter und hatte nach 15 Stunden um 1 Uhr morgens 45 Runden – also 90 km – absolviert. Kurz zuvor begegnet ich Aldo, der mich ermutigte, eine kurze Schlafpause einzulegen. Als ich mich dann zur Pause abmeldete und mich im Zelt für ca. zwei Stunden zum Schlafen legte, war ich gar nicht sicher, ob ich danach wieder ins Laufen kommen würde. Ich hatte das ja noch nie gemacht und war immer felsenfest der Meinung, dass ich nach einer Pause bei einem so langen Lauf nicht mehr in die Gänge kommen würde.

Morgens um 03:30 Uhr klingelte mein Wecker und ich kriegte es tatsächlich hin, wieder auf die Strecke zu kommen und zu laufen. Von 4 Uhr bis 7 Uhr schaffte ich dann im Schneckentempo noch weitere 8 Runden und kapitulierte dann drei Stunden vor Zielschluss. Ich hatte insgesamt 106 km geschafft und war total satt und glücklich.

Es war ein tolles Erlebnis. Vor allem die grandiose Gastfreundschaft des gesamten Organisations-Teams und der Zusammenhalt und gegenseitige Motivation aller Laufenden – vor allem in der Nacht. Ein Highligt war auch die grandiose Unterstützung des Studentenwerkes Frankfurt/Oder, die wirklich 24 Stunden nonstop die Teilnehmenden anfeuerten, Applaus spendeten und jede Stunde einen neuen Motivationsspruch aushängten. Große Leistung!

Insgesamt bin ich total zufrieden und großer Fan dieses Formats geworden. Ich werde auf jeden Fall nächstes Jahr wiederkommen!

Fischland-Darß-Zingst-Ultra (FDZU) – Natur- und Wettererlebnis

Nachdem Ralf so intensiv und überzeugt vom FDZU hier berichtet und dafür geworben hatte, war ich in meiner Jahresplanung für 2024 wild entschlossen diesen Lauf anzugehen und guter Dinge, dass ich das auch schaffen würde. Kannte ich doch auch die zweite Streckenhälfte teilweise von meinen Teilnahmen am Darß-Marathon.

Der FDZU war mein erklärtes Jahres-Highlight und meine Vorbereitung war darauf ausgerichtet. Nachdem ich im Februar eine lästige und langwierige Infektion durchlitten hatte, die mich auch vom Training abhielt, rückte die Erreichung dieses Ziels jedoch in weiter Ferne. Ich musste die Trainingsplanung dann ab April erneut ausrichten und war gespannt, ob das so funktionieren würde. Da ich nicht wie andere Lauffreunde ein gegebenes Talent in die Wiege bekommen habe, muss ich für solche Vorhaben vor allem mit langen Umfängen investieren und absolvierte innerhalb von acht Wochen einen Marathon und drei weitere Ultras mit mehr oder weniger Erfolg. Meine Skepsis blieb erhalten ….

In der Woche vor dem FDZU machte ich dann – anders als beim Rennsteiglauf – eine intensive Regenerations- und Taperingsphase und machte mich am Freitag mit dem Deutschland-Ticket auf den Weg nach Ribnitz-Damgarten. Ich war dort mit Ralf, Werner und David zum Briefing verabredet. Zu meiner Überraschung mussten wir die Drobbags bereits beim Briefing abgeben und das verursachte eine gewisse Hektik bei mir. Hatte ich mir doch ausgemalt, dass ich dieses Ritual in aller Ruhe in unserer Unterkunft verrichten und dann die Dropbags beim Start abgeben könnte. Nachdem das trotzdem geschafft und wir alle von den Veranstaltern ordentlich gebrieft waren, machten wir uns auf zu unsere Unterkunft direkt am Stand von Dierhagen 3 km vom 100 km-Punkt entfernt. Wir besichtigten dort noch den Strandabschnitt, den es am nächsten Tag von Wustrow nach Dierhagen zu bewältigen galt, verzehrten beim gemeinsamen Abendessen noch reichlich Kalorien und waren alle guter Dinge. Ich ging dann recht früh mit Werner in die Koje und verzichtete schweren Herzens auf das Eröffnungsspiel der EM. Ich wusste, dass der Schlaf für das morgige Unterfangen wichtiger war.

Morgens um 02:30 klingelte dann der Wecker, da bereits um 04:00 Uhr der Start angesetzt war. Nach einem kurzen Frühstück machen wir uns dann auf den Weg zum Start. Dort herrschte schon emsiges Treiben und eine gewisse Aufgeregtheit aller Teilnehmenden lag in der Luft. Insbesondere die Wetteraussichten verhießen, dass es nicht durchgehend ein Schönwetter-Lauf werden würde und ich war vorbereitet – dachte ich …

Es ging also los und mein Plan war, bis km 50 mit 8 Min./km anzukommen um dann in der zweiten Hälfte dann genügend Puffer zu haben, um in der in der Ausschreibung angegebenen CutOff-Zeit von 15:30:00 Stunden zu finishen. Ich hatte mich innerlich entschieden, die Exit-Möglichkeit bei 100 km zu ziehen und nicht die ganze 115 km zu absolvieren.

Es ging bei sehr guten Witterungsbedingungen also los und wir liefen entlang des Saaler Boddens entgegen des Uhrzeibersinns los. Es war perfektes Laufwetter und ich kam gut bis kurz vor Barth an. Dort liefen wir dann eine 12 km-Runde wieder zurück nach Barth. Wobei die letzten km vor Barth aufgrund der Beschaffenheit des Untergrunds sehr anstrengend waren. Die Ausblicke und die Natur entschädigten jedoch die Anstrengungen. Mein beabsichtigtes Tempo hatte ich bis dahin noch auf der Uhr und ich war guter Dinge. Kurz vor der Meininger-Brücke jedoch kam dann die erste Schlechtwetterfront und ich musste kurz unterbrechen um mich entsprechend anzukleiden. Als diese Schlechtwetterfront überstanden war hatte ich eine Durchschnitts-Pace von 08:18 Min./km – alles noch im grünen Bereich.

Kurz vor Zingst-Hafen kam jedoch eine zweite Schlechtwetterfront und ich wurde ordentlich durchgeregnet. Ich nutzte den VP am Zingster Hafen für einen längeren Aufenthalt und wechselte meine Laufkleidung komplett. Gut dass ich Ersatz im Plastikbeutel in meinem Rucksack verstaut hatte. Währenddessen verging reichlich Zeit und ich landete am Ende des Feldes. Doch es ging weiter – Non Stop Ultra …..

Am nächsten VP an der Zingster Seebrücke bei km 61 erwartete mich mein Dropbag und ich freute mich darauf, wieder dort deponierte trockene Kleidung und insbesondere auf mein zweites Paar Laufschuhe. Meine bisherigen waren ordentlich durchgeweicht. Ich kam dort an, nutzte wieder etwas Zeit. Währenddessen hatte Werner zu mir aufgeschlossen und wir waren nun die beiden letzten im Feld befindlichen Läufer. Meine Durchschnitts-Pace war inzwischen auf 9 Min./km gesunken und mir war bewusst, dass es ab nun sehr anstrengende werden würde. Gemeinsam mit Werner lief ich dann stur weiter und wir wechselten uns in der Führung ab. Wir waren froh, dass nun auch die zweite Schlechtwetterfront vorbei war und guter Dinge.

Als wir dann beim nächsten VP in Prerow kurz vor km 70 und um 14 Uhr ankamen, ließ ich kurz fallen, dass es ja gut war, dass das schlechte Wetter überstanden wäre. Jedoch wurde ich darauf hingewiesen, dass gegen 15 Uhr noch einmal schlechtes Wetter angesagt war. Meine Laune fiel etwas im Keller. Zwischen Prerow und Wieck kam es dann „ganz dicke“ heftiger Niederschlag und steife Briese. Der Regen traf mich aufgrund des Windes waagerecht und ich war kurz davor aufzugeben. Aber keine Option – hier gab es nichts und niemanden um auszusteigen. Also: Zähne zusammenbeisen und weiter – wir sind ja nicht aus Zucker ….

Mit der Zeit lief mir auch meine angestrebte Zielzeit davon und ich kam in dieser „Endphase“ langer Ultra-Läufe an, die ich besonders schätze. Durchaltevermögen und Leidensfähigkeit war nun gefragt und ich fügte mich in mein Schicksal. Ein Schritt nach dem anderen – Non Stop Ultra …

Beim vorletzten VP in Althagen bei km 90 fragte ich noch einmal nach wielange das Zeitfenster bei den 100 km offen sei und machte mich dann weiter auf den Weg. Kurz danach war ich dann beim letzten VP an der Wustrower Seebrücke gab alle meine Sachen dort am DropBag-Punkt ab und machte mich auf den Weg zum letzten Strandabschnitt nach Dierhagen. Ein kurzes hilfreiches Briefing vom Betreuer und los gings. Ich war sehr gespannt auf das Kommende, da ich keinerlei Erfahrung mit Strandläufen hatte und meine momentane Erschöpfung hinzu kam. Der Empfehlung an der Wasserkante zu laufen, um zu vermeiden, dass meine Schuhe naß würden, folgte ich nur kurz. Merkte ich doch, dass dort starkes Gefälle war und ich nicht mehr die Kraft hatte, dies auszugleichen. Also rein in den flachen Bereich und immer wieder Wellen, die an meinen Waden brachen. Auf die Zeit achtete ich auch nicht mehr, nur Durchkommen war angesagt. So stapfte ich dann die 6 km unverdrossen voran und kam dann letztendlich am Ausstieg an. Kurz über die Düne und ab ins Ziel. Nach 15:30 Stunden hatte ich mein Ziel erreicht und war sehr glücklich.

Alles in allem ein sehr schöner und anstrengender Naturlauf und Ralf hatte mit allem, womit er den FDZU angepriesen hatte recht! Ich werde wiederkommen!

Doppeldecker geschafft

Nachdem Ralf so ausführlich über die Heidi-Challenge berichtet hat, möchte ich noch mal meine Eindrücke von den letzten beiden Etappen wiedergeben.

Zusammenfassend kann ich feststellen, dass es genau die richtige Entscheidung war, lediglich die beiden letzten Etappen zu laufen und vor allem, dass ich auch die Übernachtung gebucht hatte. So hatte ich zumindest ein bischen Etappenlauf-Feeling. Ich traf auch einige bekannte Gesichter und fügte mich am Morgen der 4. Etappe im hinteren Feld ein und ließ Ralf sein Tempo laufen. Dennoch war das Tempo schneller als gewohnt und es war mir bewusst, dass ich am Ende der Strecke dafür wieder bezahlen würde. Aber es machte echt Spaß mit den gemächlichen Läufern zusammen in den Tag zu starten und sich zu unterhalten.

Mein Plan, Sari beim Frühstart zu begleiten, ging jedoch nicht in Erfüllung, da Sari klugerweise sich dafür entschied, ab der 3. Etappe von der Ultra- auf die Marathondistanz zu wechseln.

Besonders freute es mich, dass ich mit Thorsten nach langer Zeit wieder gemeinsam laufen konnte. Wir hatten 2015/2016 gemeinsam die Ausbildung zum Lauftherapeuten beim Deutschen Lauftherapiezentrum absolviert. Es gab viel zu erzählen und wir schwelgten in alten Erinnerungen und Anekdoten. Thorsten bildete mit Natlie ein Duo und wir liefen gemeinsam bis km 39. Dann kam, was ich vorausgesehen hatte und ich musste beide in Sichtweite ziehen lassen. Eine kurze Begegnung noch bei km 44 kurz vor dem Einstieg in den Königswald kurz nach Krampnitz und auf den Weg nach Sacrow und ich war alleine unterwegs. Zu meiner Überraschung führte dann der Weg nicht wie erwartet auf dem Mauerweg weiter und der Track führte mich auf einen Trailabschnitt entlang des Ufers. Da ich schon ziemlich erschöpft war, hatte ich einige Schwierigkeiten mit dem unebenen Gelände und schweifte zudem in Gedanken ab. Ein böser Fehler! Und es kam, wie es kommen musste: Bei km 47 erlitt ich durch meine Unachtsamkeit und Erschöpfung einen schweren Sturz. Nachdem ich mich einigermaßen berappelt hatte, konnte ich jedoch meinen Lauf vorerst bis zum nächsten VP bei km 51 fortsetzen, wo ich von Gunnar hervorragend betreut wurde. Nachdem wir festgestellt hatten, dass keine Nachwirkungen zu befürchten waren, setzte ich den Lauf fort.

Am letzten VP traf ich dann auch Sari, die dort Pause machte und wir liefen dann die letzten 7 km gemeinsam zusammen ins Ziel. Wir freuten uns beide sehr, dass wir damit doch noch eine Weile gemeinsam laufen konnten und hatten uns viel zu erzählen und ich kam nach 68 km in guter Gesellschaft ins Ziel.

Ich hatte mit Frank gemeinsam ein Zimmer und ich nahm mir vor, diese Nacht genau zu beobachten, ob sich vielleicht Symptome einer Gehirnerschütterung einstellen würden. Das war gottseidank nicht der Fall und ich machte mich wohlgemut am folgenden Tag auf den Weg zum Start. Es standen 57 km an und ich war guter Dinge. Auch diese Etappe führte uns vorwiegend an der Havel lang in den Berliner Norden und darüber hinaus. Natürlich am Anfang wieder zu schnell und am Ende sehr zäh. Ich glaube, dass ich das nie lernen werde …

Erschöpft und glücklich kam ich dann als letzter Finisher im Ziel an und hatte wenig Zeit mich zu erholen, da die Abschlussveranstaltung bereits anstand. Ich duschte schnell und kam gerade noch rechtzeitig dort an. Die Abschlusszeremonie war sehr gelungen und jede/r Einzelne wurde persönlich gewürdigt. Insbesondere die Helfer und Organisatoren, die einen wirklich tollen Job gemacht hatten.

Ich kann es nicht genug betonen, aber ohne diese engagierten Menschen und „Laufverrückten“ würde eine solche Veranstaltung nicht funktionieren. Es ist eine Mammutaufgabe und erfordert viel Hingabe und Leidenschaft. Es ist einfach grandios, dass es solche Menschen gibt, die uns ermöglichen, diese tollen Erfahrungen machen zu dürfen!

Fotograf: Ralf Methling

Heidi Tag 5: Finale

Am Morgen des fünften Tages fühlte es sich komisch an, gleichzeitig auch in den letzten Abschnitt zu starten. Mir kam es ein wenig so vor, als hätte ein lang vorbereitetes Abenteuer gerade erst begonnen. Die Gewohnheit des (Lauf-)Alltags war definitiv da und könnte, so schien es, eigentlich noch über diesen Tag hinaus gehen. Noch dazu standen heute ja vermeintlich „nur“ 57 km an, deutlich weniger als bei den bisherigen Etappen, um abends eine gemeinsame Feier zu gewährleisten.

Beim Start verpasste ich es erneut, mit David oder Franz zu laufen und blieb stattdessen in meiner gewohnten Blase. Ein Stück weit ging es auch wieder vorn mit Alexandra, doch wir blieben in einer kleinen Gruppe zusammen. Kein Interesse meinerseits heute an wilden, überfordernden Aktionen! Der Weg führte zunächst am westlichen Seeufer des oberen Havelsees entlang bis nach Hennigsdorf (nördlichster Punkt) und somit waren erneut einige Abschnitte des Mauerwegs dabei. Beim Ruderclub verließen wir diesen, um dem östlichen Seeufer weiter nach Süden zu folgen. Es war schönes Wetter und lange schattig und nicht zu warm. Fast auf Höhe Spandau ging es dann am Nordufer des Tegeler Sees weiter, wo die Strandbäder wieder deutlich leerer waren als am Vortag. In Tegel ging es über eine schöne Brücke über den Tegeler Fließ, dem wir noch weiter ostwärts folgten. An der Brücke waren bereits die Markierungen für den Rückweg erkennbar; heute gab es eine Schleife durch Tegel, bevor es am Seeufer zurück nach Spandau ging. Vom sehr schicken und modernen Wohngebiet am Tegeler Fließ (Nähe Humboldtmühle) ist das einzige Foto des Tages:

Es folgte ein kurzes Übergangsstück durch die Stadt, bis es durch ein Waldgebiet zur eigentlichen Wendestrecke ging. Entgegen der bisherigen Gewohnheiten wurde der Doppel-VP3+4 bereits einige Kilometer zuvor mit grüner Kreide auf der Straße angekündigt. An dieser Stelle war ich bereits angeschlagen von der bisherigen Strecke und der Wärme, hatte vermutlich nicht genug gegessen und getrunken und die Softflask wartete erst am VP. So frustrierte es mich etwas, bis zum unmittelbar erwarteten VP dann doch noch länger unterwegs zu sein als gedacht. Die Helfer dort standen zwar im Schatten, waren aber leider auch umschwirrt von vielen Mücken. Hoffentlich wirkte ihr Anti-Brumm gut genug! Wir Läufer konnten ja weiter.

„Zwischen“ dem Doppel-VP3+4 lag eine 8 km lange Runde, die als besondere Challenge in der Challenge diente: Wer rennt auf dieser Runde am deutlichsten schneller als seine Durchschnittsgeschwindigkeit der fünf Tage? Es gab extra einen jungen Helfer, der sorgfältig alle Läufer und ihre Zeiten beim Start auf die und beim Beenden der Runde sekundengenau notierte. Obwohl die meisten Läufer meinten, dass sie die Idee ganz nett fänden, aber normal weiter laufen würden (auch mangels Temporeserven wie bei mir?), schienen doch alle ein kleines bisschen flotter unterwegs zu sein. Es gab aber auch einige wenige Läufer, die sich gute Chancen ausrechneten und deutlich mehr bemüht waren, besonders gut zu performen. Der sonst eher in meinem Tempobereich jenseits von 8 min/km ansässige Thorsten schaffte die Runde in sehr beeindruckenden 40 min! Wir waren alle sehr überzeugt, das würde niemand mehr toppen, zumal es auch die bis dahin absolut schnellste Zeit war. Thorsten war stolz und glücklich, doch danach nicht mehr wirklich gut drauf, um die verbleibenden knapp 15 km bis zum Ziel locker durchzulaufen. Mit einer Mischung aus flottem Gehen und langsamem Laufen kamen wir langsam aber sicher voran. Weglaufen wollte ich da auch nicht und zog die Unterhaltung in der kleinen Gruppe vor. Ab und zu lief auch mal jemand vorbei, so auch Hervé in seinem gleichmäßigen, lockeren Tempo. Auf Nachfrage meinte er, dass er ebenfalls ein wenig auf diese Sonderwertung geschaut hätte. Wie sich dann herausstellte, war es nicht nur ein wenig: Er hatte sich zunächst am VP3 etwas erholt, getrunken und dann Laufweste und andere nicht dringend benötigte Sachen abgelegt, bevor er auf die Strecke ging. Nach 31 min (!) war er wieder zurück und hatte die 8 km inklusive roter Ampelphase in einem Schnitt von unter 4 min/km absolviert (3:54) – was für eine unglaubliche Leistung! Das war für mich persönlich die beeindruckendste Leistung der gesamten Challenge – gleichauf mit Nina, die auch die fünfte Etappe trotz Schmerzen und unrundem Lauf beendete. Alexandra wartete übrigens im Ziel auf sie, nachdem sie zuvor vier mal zusammen eingelaufen waren.

Unsere Reststrecke verringerte sich immer weiter, wir kamen nicht übermäßig schnell, aber stetig voran bis etwa zwei Kilometer vor dem Ziel. Dort sahen wir einen Mann mit Fahrrad, der offensichtlich große Probleme hatte. Er konnte sich kaum aufrecht halten, geschweige denn sein Rad die Schräge an einer Brücke hinauf schieben. Thorsten war gleich in seinem Modus als Rettungssanitäter, auch wenn ihn das letztlich über eine halbe Stunde zusätzlich kostete. Als der Krankenwagen gerufen war und nichts mehr so recht getan werden konnte, kamen David und Kay vorbei, mit denen ich dann bis ins Ziel lief. So konnte ich mich wenigstens mal mit David auf der Strecke unterhalten und nicht nur hinterher.

Im Zielbereich am Hotel saßen alle etwas länger als üblich, um die nachfolgenden Läufer zu begrüßen. So erwischte ich auch Franz‘ Zieleinlauf kurz nach unserem. Für alle Nicht-Hotelgäste gab es zwei Dusch-Zimmer, was einen sehr angenehmen Komfort darstellte. Ausgecheckt hatte ich bereits am Morgen. Die Siegerehrung am frühen Abend war eine sehr schöne Veranstaltung, auf der u.a. Kay sehr bewegende Worte zum Laufen in Berlin sagte. Vielen Dank! Leider musste ich nach dem Siegerfoto schnell weiter zu meiner Übernachtung bei meinem Bruder, da ich wegen anstehender Frühschicht dort möglichst nicht zu spät sein sollte. Noch etwas, was ich lernte bei diesem Etappenlauf: Die Nachfeier ohne Zeitdruck genießen! Das wird beim nächsten Mal bestimmt besser gelingen – und es wird mit recht hoher Wahrscheinlichkeit noch einen nächsten Etappenlauf für mich geben. Wie bereits angekündigt wurde, findet die nächste Heidi-Challenge voraussichtlich 2025 als Sommeredition statt. Eigentlich hatten wir bereits in diesem Jahr sehr sommerliche Verhältnisse, aber vielleicht ist es dann frühlingshafter oder herbstlich…

Den Bericht möchte ich nicht schließen, ohne wenigstens einmal danke zu sagen:
Danke, lieber Thomas, für die Idee Deinen Sportfreund genau so zu ehren – die wahrscheinlich beste Art, sich an einen Ultraläufer zu erinnern. Vielleicht war das gute Wetter der Tatsache zu verdanken, dass da oben jemand ganz genau zuschauen wollte….
Danke, liebe Martina, für die organisatorische Allroundbetreuung! Die läuferische und die organisatorische Erfahrung waren immer wieder zu spüren.
Danke, lieber Knut, Gunnar und all Ihr lieben Helfer, Fahrer, Einkäufer und Betreuer der Verpflegungsstände! Ohne Euch, die liebevoll zubereiteten Speisen und Getränke wäre diese erste Ausgabe der Heidi-Challenge nicht möglich gewesen!

Heidi Tag 4: Besser als erwartet

An den ersten Tagen habe ich es noch geschafft, abends ein kurzes Update zu schreiben, das dann später noch ergänzt und mit Fotos versehen wurde. Ab Etappe 4 gelang das leider nicht, und so folgen die beiden letzten Teile mit einigen Tagen Verspätung.

Die 4.Etappe war bereits im Vorfeld als eine besondere gekennzeichnet. Zum einen, weil am 1.Mai deutlich mehr Publikum unterwegs sein würde, weshalb die Berliner City-Tour auf den Vortag gelegt wurde. Zum anderen, weil am Feiertag und auch am nachfolgenden Donnerstag besonders viele Tagesläufer dabei sein würden, u.a. meine Lauffreunde Franz (Berlin) und David (Greifswald). Franz überraschte uns bereits am Montag, als wir in der Nähe seines Steglitzer Kleingartens (durch die Anlage) liefen und er mich ein Stück mit dem Fahrrad begleitete.

Vor der Etappe überlegte ich hin und her, inwiefern sich ein Teil zusammen mit zumindest einem der beiden laufen ließe. Sie wären ja frisch und ich selbst nach dreitägiger Vorbelastung deutlich angeschlagen und vermutlich zu langsam für die ganze Strecke. Zum Start am 1.Mai kam ich (mal wieder) sehr knapp, weil noch zu viele Kleinigkeiten in der kurzen Zeit nach dem recht gemächlichen Frühstück erledigt werden mussten: Zum Zimmer in den vierten Stock gehen, Zähne putzen, Toilettengang, Füße mit Antiblasen-Gel einreiben, nochmals Sonnencreme auftragen, Socken und Laufschuhe anziehen, Riegel zum Dropbag ergänzen, Treppe halb hinunter und wieder hinauf um die Brille im Zimmer zu lassen (beim Lauf genügte eine billige Plastikbrille in der Hosentasche, um bei Bedarf auf dem Handy den Track zu checken, die einmal bei unvorteilhaftem Hinsetzen ihre Gläser verlor), Dropbags in bereitstehenden Klappboxen deponieren und zum Start traben. So blieb gar keine Zeit, mit den anderen Vereinbarungen zu treffen oder Pläne zu machen. Mit gewisser Selbstverständlichkeit ordnete ich mich nach dem Start im Bereich der üblichen Verdächtigen ein, also denjenigen LäuferInnen, die zuletzt meist in ähnlichem Tempo unterwegs waren. Das war eher im vorderen Drittel unserer heute rund 15-20 LäuferInnen starken Gruppe der „Gemütlichläufer“. Franz und David blieben erst mal abwartend in der hinteren Hälfte – so hätte ich es als „Neueinsteiger“ vermutlich auch gehandhabt, um mir einen Überblick über das zu erwartende Tempo zu machen. Trotzdem erwartete ich ständig, dass sie bald aufschließen würden. Bereits während der ersten Kilometer zeigte sich, dass der Vormittag trotz wolkenfreien Himmels wohl recht erträglich sein würde, denn es ging zunächst auf der östlichen (Westberliner) Seite des Havelsees entlang nach Süden. Dadurch boten die Bäume fast permanent Schatten, der Wald war noch vor der Sonne. Hinzu kam ein ein sehr gut laufbarer Untergrund und eine noch moderate Frühtemperatur. Das Laufen machte so richtig Spaß! Nach und nach blieben von der Gruppe nur noch Kay und ich vorn bei Alexandra. Diese lief bisher stets mit Nina uns allen weit davon, doch Nina sah heute aufgrund von Beinproblemen (Knie?) schon beim Gehen etwas linkisch aus und musste erst einmal schauen, ob sie überhaupt noch laufen und wie sie zu einem Laufrhythmus kommen könnte (später holte sie uns alle ein und lief wie an den Vortagen zusammen mit Alexandra als Erste der langsamen Gruppe ins Ziel – eine ganz starke Leistung!). Bis zum ersten VP lief ich also mit Alexandra an der Spitze der Gruppe, was ein tolles Gefühl war. Natürlich war mit bewusst, dass das nicht mein normaler Leistungsbereich war und man für ein zu hohes Tempo früher oder später seinen Tribut zollen muss. Doch die schwere Berliner City-Etappe war geschafft, es stand nur noch eine etwas kürzere Folgeetappe an und so ließ ich es (mich) einfach laufen. Immer wieder gab es den bangen Blick auf das andere, sonnenbeschienene Seeufer, das am Nachmittag auf dem Rückweg zu absolvieren war. Bäume waren dort weniger zu sehen…

Der Wannsee mit dem Strandbad
Kirche im Schlosspark Sacrow aus der Ferne – vom östlichen Seeufer aus

Am ersten VP trafen in kurzer Folge einer nach dem anderen ein. Mein Aufenthalt war lang genug, dass Alexandra alleine weiterzog, doch es fand sich ein Tagesläufer (Sebastian?) als sehr nette Gesellschaft bis zum nächsten Zwischenstopp. Dieser Abschnitt bot mir bis dato unbekannte Anblicke des Strandbads Wannsee und des Schlosses und der Kirche Sacrow. Fähren über den See zeigten, dass man die Strecke auch schneller und mit viel geringerem Aufwand bewältigen kann, doch wir hatten unseren Spaß, nur eben anders irgendwie. Mittlerweile führt der Weg zum dritten Mal bei dieser Challenge über Glienicker Brücke und Schlosspark Cecilienhof. Der dritte VP lag nicht wie beim Mauerweglauf bei der Meierei, sondern kurz dahinter. Mit dabei mal wieder der omnipräsente Gunnar, heute schon zum dritten Mal an der Strecke. Dort ruhte ich mich erst einmal aus, während so einige Läufer eintrafen und weiterzogen, bis Gunnar mir einen Tritt in den Allerwertesten anbot (oder androhte). Er hatte natürlich recht, dass 20 min eigentlich eine viel zu lange Pausenzeit sind und der Kreislauf immer weiter herunterfährt, bis er gar nichts mehr leisten mag. Blöde Erfahrungen aus seinen zigtausenden Ultrakilometern, was soll ich da schon gegen einwenden, vor allem bei solch überzeugender Argumentationsweise? Also auf zu neuen Taten und herum um den See! Es stellte sich auch sogleich ein (Mauerweglauf-)Déjà-vu nach dem anderen ein: Die Brücke, der Abzweig, das Forsthaus Krampnitz mit dem Reiterhof, der steile Anstieg auf dem Trampelpfad, die Straße durch den Wald, der Single Trail durch die Wildnis mit querliegenden Bäumen… Moment mal, wie war das? Das kenne ich doch so gar nicht, hier können doch unmöglich im August tausend Läufer durch, noch dazu mit Fahrradbegleitung! Nun war ich doch etwas verunsichert. Zwar hatte Thomas etwas erzählt von einem Weg etwas näher an irgendetwas – dem Ufer, der Natur? – doch ist das wirklich noch alles richtig? Erst einmal ein paar Fotos gemacht als Dokumentation vermeintlichen Verlaufens in der Wildnis, dann bei der nächsten Gelegenheit nach links geschwenkt (leicht weg vom Seeufer) und schon war er wieder da, der deutlich breitere und klar ausgeschilderte Mauerweg. Abends bestätigten andere Läufer, dass ihnen der Abschnitt auf den Fotos bekannt vorkam – aber auch nicht alle…

Single Trails vor Schloss Sacrow …
… mit diversen …
… Hindernissen
Die Sacrower Kirche aus unmittelbarer Nähe
Das Ende des Sees und auch der Etappe rückt in Sichtweite

Wie erwartet zog sich der Weg zum Sacrower Schloss ganz schön hin, schließlich kamen der Park mit viel Sonne, die Kirche (endlich mal von innen gesehen, was sehr lohnte, aber nicht die Fotos von der zu Mauerzeiten komplett eingemauerten Kirche gefunden, was dank Internet nachgeholt wurde) und die Fähre am Parkausgang. Nun wurde es zum Glück wieder schattiger und auch die wichtigste Frage ließ sich klären: Eine Touristin(oder Helferin?) sagte mir, dass sich der VP am Ortsausgang befände, 1-2 km wären das noch. Damit ließ sich gut leben. Vom darauf folgenden Abschnitt (immerhin rund 14 km) sind nur wenige Erinnerungen geblieben, so ein schöner Blick auf das Strandbad Wannsee am gegenüberliegenden Ufer, ein längerer Straßenabschnitt und dass der mitgeführte halbe Liter Wasser gerade alle war, als nach einer Kurve überraschend VP5 auftauchte. Auch an die freundlichen Worte der beiden BetreuerInnen an diesem VP erinnere ich mich. Die letzten gut 10 km der Etappe waren nicht gerade leicht, doch mit dem wunderbaren Gefühl, es bald und deutlich besser als erwartet zu schaffen, waren sie bald bewältigt: Das Ende des breiten Sees war schnell abzusehen, dann folgten schon der Industriehafen auf der anderen Seite und die Brücken in Spandau, die sich am Montag noch sooo lang dahin zogen. Nun wusste ich, was mich erwartet, und es machte mich zuversichtlicher. Beim Zieleinlauf war ich von einer Menge Glückshormonen wie berauscht und musste erst einmal eine (sehr kleine) Extrarunde auslaufen, so gut ging es!